Rezension

Erkenntnisreiche Lektüre über Ursachen und Folgen des Perfektionsstrebens

Nie gut genug -

Nie gut genug
von Thomas Curran

Bewertet mit 5 Sternen

Thomas Curran ist nicht nur Psychologe, sondern auch selbst Perfektionist. Daher weiß der Autor aus eigener Erfahrung, wie schwer sich ein Leben unter hohen, unerfüllbaren Selbstansprüchen gestaltet und wie wichtig es ist, den Kreislauf des Selbstoptimierungswahns zu durchbrechen. Um zu diesem Kraftakt befähigt zu werden, muss man sich jedoch zuvor erstmal der vielen Einflussfaktoren bewusst werden, die zur gesellschaftlichen Etablierung des Perfektionismus beitragen. Das gemeinverständlich geschriebene Sachbuch ist in vier Teile aufgeteilt und beschäftigt sich nicht nur mit den individuellen Ursachen und Folgen des Perfektionismus auf der psychischen Ebene, sondern betrachtet auch jene gesellschaftliche Ordnung und Werteausrichtung, die dazu beitragen, dass wir in einer Kultur der Makellosigkeit leben (müssen). Diese beinahe schon soziologisch ausgerichtete Gesellschaftsperspektive zeigte mir Zusammenhänge auf, die ich zuvor zwar schon manches Mal erahnte, aber - untermauert durch wissenschaftliche Studienergebnisse und Zahlen - so deutlich noch nicht vor Augen geführt bekam. Die klare, wachrüttelnde Aussagekraft des Buches kann daher zu einem Umdenken bei seinen LeserInnen beitragen und eine befreiende Wirkung entfalten. Anhand der eigenen Lebensgeschichte des Autors und weiteren Alltagsbeispielen, wird ein Verständnis dafür geschaffen, inwieweit wir alle dem perfektionistischen Anspruchsdenken ausgesetzt sind. Das Kapitel „Wie man lernt, mit „gut genug“ zufrieden zu sein“ bietet anschließend wichtige Denk- und Umdenkimpulse, die das eigene perfektionistische Denken ins Wanken bringen können. „Können“ ist hier das Zauberwort, denn es bedarf eines hohen Selbstreflexionsvermögens, langsam den Weg Richtung “gut genug“ zu beschreiten.

Die alleinige Lektüre des Buches wird hier vermutlich nicht ausreichen, aber das Gelesene entfaltet durchaus seine Wirkung, lässt einen Zusammenhänge besser verstehen und die eigene Lebensausrichtung hinterfragen. Mehr kann ein Buch nicht bewirken. Außer, es erreicht möglichst viele Menschen und stößt eine Veränderungswelle auf gesellschaftlicher Ebene an. Diese Veränderungskraft wünsche ich dieser lesenswerten, geistreichen Lektüre von Herzen!