Rezension

Erotik meets Fantasy

Der Winter erwacht - C.L. Wilson

Der Winter erwacht
von C.L. Wilson

Obwohl diese Dilogie keinesfalls das Debüt der Autorin ist, so ist es doch für mich das erste Werk aus der Feder von C.L. Wilson.
 
Protagonistin Chamsin ist eine recht widersprüchliche Figur, was sie nur umso authentischer macht. Sie ist stur und eigensinnig, aber wenn es wirklich drauf ankommt, verlässt sie der Mut. Sie ist gut im Meckern und im Planen, aber die eigentlichen Taten lassen auf sich warten und in brenzligen Situationen fällt sie schnell in die Opferrolle. Dabei hat sie übersinnliche Fähigkeiten und kann das Wetter beeinflussen. Mit etwas mehr Mut könnte sie sich gegen jeden Angreifer verteidigen - beispielsweise gegen ihren Vater, wenn er auf sie einprügelt. Und das ist keinesfalls harmlos, denn Chamsins Vater wäre es nur recht, wenn sie ihren Verletzungen erliegen würde. Es ist das typische Klischee: die Mutter stirbt bei der Geburt und statt sich um das bisschen Familie zu kümmern, das ihm geblieben ist, entwickelt der Vater einen abgrundtiefen Hass gegen seine Tochter. Chamsine erinnert irgendwie an Cinderella. Sie hat noch ältere Schwestern (in diesem Fall drei), die Prunk leben und vom Vater vererbt werden. Sie selbst wird geheim gehalten, lebt wie eine Dienerin. Doch im Gegensatz zum Märchen ist die Heirat mit dem Prinzen hier nur bedingt die Rettung. In die gleiche Opferrolle fällt sie nämlich auch in ihrer Beziehung mit Wynter. Sie lässt viel über sich ergehen, manches gefällt ihr sogar. Aber ob diese Zwangheirat für sie wirklich ein Happy Ending bedeuten kann?
Chamsin wäre gerne mutig und fühlt sich auch manchmal so, ist es aber nicht. Nicht wirklich. Und das macht sie für mich irgendwie sympathisch. Obwohl ich mich teilweise wirklich fragen musste, warum zum Teufel sie nicht endlich ihre Fähigkeiten einsetzt.
 
Wynter ist auch so ein Fall für sich. Er passt ins Klischee des dominaten, sexsüchtigen Mannes, gemischt mit einer Spur Brutalität und Grausamkeit. Er zeigt Chamsin gleich ziemlich deutlich, was er von ihr hält: nämlich, dass er sie noch immer als seine Feindin ansieht und ihr keinesfalls vertraut. Und dass er daher auch kein Problem damit hat, sie zu ersetzen, wenn sie ihm nicht innerhalb einer Frist einen männlichen Erben schenkt. Doch trotz der Feindseligkeit schafft er es immer wieder, auch charmant zu wirken. Zumindest manchmal. Was mir ein bisschen fehlt, ist die Romantik. Es ist eher "erotische Fantasy" als "romantische Fantasy". Generell könnte die Erotik für meinen Geschmack etwas weniger präsent sein.
 
Vor allem, da die Geschichte diese viele Erotik gar nicht nötig hat. Oftmalls habe ich das Gefühl, dass eine Vielzahl erotischer Szenen über Plotmengel bzw. einen nicht vorhanden Plot hinwegtäuschen soll. Das ist hier eindeutig nicht der Fall. Die Welt in der Chamsin und Wytnter leben - das Sommer- und Winterkönigreich - ihre Gebräuche, ihre Gesetzte, ihre Einwohner. Darüber lernen wir allerhand und ich habe mich gerne in dieser Welt aufgehalten. 
 
Ich bin neugierig, wie es im zweiten Band weitergeht - und zum Glück, sind ja beide Bände gleichzeitig erschienen, sodass man die zweite Hälfte sofort im Anschluss genießen kann.