Rezension

Es gibt sie noch, die richtigen Abenteuer

Durchs wilde Deutschland - Andreas Kieling, Sabine Wünsch

Durchs wilde Deutschland
von Andreas Kieling Sabine Wünsch

Bewertet mit 4 Sternen

In locker-flapsiger Sprache, aber immer voller Respekt vor den Wundern der Natur, plaudert Andreas Kieling über seine Abenteuer auf der Suche nach Luchsen, Feldhamstern oder Welsen. Das liest sich erstaunlich kurzweilig, ja, spannend.

Kieling, ein ehemaliger Jäger, wird auf seiner Foto-Pirsch meist von seiner treuen Jagdhündin Cleo begleitet, oft von Frank, dem Kameramann, manchmal von Erik, seinem Sohn. Irgendwann gesellt sich auch noch Hans Wurst dazu, eine Haselmaus, die Kieling, zwar ökologisch nicht korrekt, aber in einem sympathischen Anflug von Liebe zur Haselmaus an sich, vor einem attackierenden Waldkauz gerettet und gesundgepeppelt hat. Die Dialoge unterwegs gibt er ausführlich in wörtlicher Rede wieder; ob diese wortwörtlich so stattgefunden haben, ist unerheblich, denn es ist eine wunderbar anschauliche Methode, dem Leser nebenbei Fakten zu vermitteln, und es und wirkt weder aufgesetzt noch steif. Auch Hund Cleo ist immer wieder für eine schöne Pointe gut.

Ich mag diese einfache, unkomplizierte Art zu Schreiben, sehr. Und man erfährt völlig unangestrengt eine Menge Wissenswertes über die heimische Tierwelt. Über die eine oder andere grammatische oder städtebauliche Unkorrektheit (die Porta Nigra würde ich dann doch in Trier lokalisieren und nicht in Aachen) sieht man dabei gerne hinweg. Wenn dann allerdings das insgesamt 2400 Quadratkilometer umfassende Nordseewatt sich in zwei Nationalparks von einmal 4410 Quadratkilometern und zum anderen 3450 Quadratkilometern teilen soll, wünscht man Kieling schon einen Lektor, der rechnen kann.

Insgesamt finde ich den Erzählstil sehr sympathisch und lustig. Wenn es passt, wird auch schon mal die eine oder andere Episode aus dem früheren Leben des Andreas Kieling eingeflochten, oder man erfährt, wie eines Tages während der Kegelrobben-Drehtage dank des Orkans "Friedhelm" an der Küste Helgolands Tausende von Tommy Hilfinger-Schuhen angeschwemmt wurden. Hin und wieder kommentiert er auch schon mal mit einem beeindruckten "Voll schräg." Oder schreibt über die Balzgeräusche männlicher Nachtschwalben: "Das klingt wie eine Mischung aus Kröte und Mofa." Ich mag das.

Spannend ist die Schilderung der Begegnung mit einem Wilddieb in der Eifel. Von der endlosen Geduld, die man als Tierfilmer aufbringen muss, erzählt vor allem das Kapitel über die Seeadler, ein wenig desillusionierend für den ahnungslosen Tierfilmgucker, aber sympathisch und ehrlich. Am Kapitel über die Wölfe gefällt mir, dass Kieling, obwohl eindeutig Wolfsfreund, verschiedene Problematiken und Meinungen wiedergibt, ohne sich auf die Seite von Fanatisten zu schlagen.

Hinten im Buch ist als Orientierungshilfe eine Deutschlandkarte abgedruckt, in der kursiv die Gegenden eingezeichnet sind, die Andreas Kieling mit seinem Hund bereist hat.

Ich habe dieses Buch ausgesprochen gern gelesen. Vielleicht ist es die Kombination aus dem Thema Abenteuer und unserem vermeintlich so langweiligen Deutschland, in dem Abenteuer offensichtlich längst ausgestorben sind (oder eben doch nicht, wie Kieling anschaulich zeigt), die mich so fasziniert. Eine ganz tolle Idee, im Leser auf diese Weise Lust auf seine heimische Natur zu wecken.