Rezension

Familie und andere Schwierigkeiten

Die Dorfärztin - Wege der Veränderung -

Die Dorfärztin - Wege der Veränderung
von Julie Peters

Bewertet mit 3 Sternen

1928. Endlich verläuft in Helene „Lenis“ Leben alles so, wie sie es sich gewünscht hat. Als Landärztin wird sie im westfälischen Dorf Bockhurst endlich respektiert. Die Patienten geben sich die Klinke in die Hand und wollen sich von ihr behandeln lassen. Und mit ihrer Jugendliebe Matthias ist sie verheiratet, so dass die gemeinsame Tochter Marie endlich in geordneten Familienverhältnissen aufwächst. Aber dennoch gibt es wieder Probleme, denn Matthias findet einfach keine Anstellung, und Lenis Mutter meint immer noch, allen Familienmitgliedern in ihr Leben hineinpfuschen zu können…

Julie Peters hat mit „Wege der Veränderung“ den zweiten Teil ihrer unterhaltsamen historischen Dorfärztin-Dilogie vorgelegt. Der flüssige Erzählstil lässt den Leser ins Westfalen des vergangenen Jahrhunderts reisen, um dort erneut auf Leni Wittmann zu stoßen, die sich inzwischen im dörflichen Bockhurst als Landärztin etabliert hat. Nachdem sie anfänglich unter Misstrauen und dem Mangel an Patienten zu leiden hatte, hat sich die Situation nun ins Gegenteil verkehrt. Die Menschen kommen gern zu ihr und vertrauen ihrer Heilkunst. Die Beziehung zu Matthias scheint sich gefestigt zu haben, doch bleibt beim Leser immer ein gewisses Zweifeln, ob dieser sich nicht im nächsten Moment wieder auf und davon macht, sobald es Schwierigkeiten gibt. Über unterschiedliche Zeitebenen werden dem Leser immer wieder Perspektivwechsel angeboten, so dass er nicht nur die Beziehung zwischen Leni und Matthias besser verstehen lernt, sondern auch Lenis Beziehung zu ihrer eigenen Familie. Ihre Mutter hat ein sehr einnehmendes Wesen, muss sich in alles einmischen und meint, allen ihr Leben diktieren zu müssen. Da verwundert es nicht, dass Leni sich freigeschwommen und eine völlig andere Richtung eingeschlagen hat, um Abstand zu ihrer Mutter zu bekommen, wenn es auch nicht einfach war. Leni hat sich trotz ihrer körperlichen Beeinträchtigung niemals klein kriegen lassen und ihre Ziele fokussiert. Der Spannungslevel ist auch in diesem Band recht niedrig, die Geschichte plätschert so vor sich hin, bleibt dabei aber unterhaltsam.

Die Charaktere sind einfach gehalten, aber mit den nötigen menschlichen Eigenschaften ausgestattet. Der Leser steht an ihrer Seite, ist aber mehr Beobachter als Teilhaber. Leni ist eine patente, mutige und kämpferische Frau, die sich nicht unterkriegen lässt und sich Widerständen in den Weg stellt. Sie hat sich den Respekt der Menschen hart verdient, gerade weil sie sich auf Gebiete vorwagt, die zu jener Zeit sonst nur Männern vorbehalten sind. Matthias ist zwar ein gutmütiger Mann, aber ein wankelmütiger Zeitgenosse, auf den man sich nicht verlassen kann. Dies trägt nicht gerade dazu bei, dass Leni sich bei ihm sicher fühlt und ihm vertrauen kann. Lenis Mutter ist eine wahre Pestbeule, die sich überall hineindrängt und die Menschen zu manipulieren versucht, während der Vater farblos und blass bleibt, um nur ja nicht aufzufallen.

„Wege der Veränderung“ ist eine kurzweilige Reise ins vergangene Jahrhundert. Familiengeschichte, Liebe und das Leben auf dem Land vor geschichtlichem Hintergrund ist unterhaltsam zu lesen, wenn auch ohne große Spannung. Eingeschränkte Leseempfehlung!