Rezension

Familien- und Liebesgeschichte auf historischem Hintergrund

Piccola Sicilia - Daniel Speck

Piccola Sicilia
von Daniel Speck

Bewertet mit 5 Sternen

Unterhaltungsliteratur vom Feinsten: Spannung in gehobener Sprache, viele Gedankenanstöße, gut ausgearbeitete Personen

Ein Roman, der mich von der ersten Seite an gefesselt hat; ich finde ihn noch besser als 'Bella Germania' und schon der hatte mir gut gefallen. Es gefällt mir, wenn ein Buch nicht nur eine spannende Familien- und Liebesgeschichte erzählt, sondern auch Fragen aufwirft, die ein Licht auf Gegenwart und Vergangenheit werfen und zum Nachdenken anregen.

Der junge Fotograf Moritz ist Mitglied von Hitlers Propagandamaschine und wird in diesem Zusammenhang in Tunis eingesetzt, der nordafrikanischen Stadt, die als bunt und multikulturell beschrieben wird und wo Christen, Muslime und Juden friedlich zusammenleben. Das ändert sich, als die Wehrmacht in Tunesien einfällt und die Alliierten dort Bomben abwerfen. Das Chaos bricht aus und Moritz Schicksal wird mit dem einer jüdischen Familie verknüpft. Obwohl er eine Verlobte in Berlin hat, verliebt er sich in die (Adoptiv-) Tochter der Familie, die wiederum ihren Bruder Victor liebt. Moritz, der sich nun Maurice nennt, ist verloren zwischen den Welten und weiß nicht wirklich, wohin er gehört. Es gibt Verwicklungen und Verwirrungen und einen zweiten Erzählstrang, wo Moritz Enkelin nach ihrer Vergangenheit und ihrem verschollenen Großvater forscht. So werden Gegenwart und Vergangenheit miteinander verflochten.

Was mir an diesem Buch besonders gut gefallen hat, waren die vielen Gedankenanstöße, die vielen Anregungen zum Nachdenken. Fast war es ein bisschen zu viel beim ersten Lesen. Ganz sicher ist dies ein Buch, in dem man beim zweiten Lesen Neues entdecken wird, vielleicht auch, weil man dann die Handlung kennt und sich mehr auf das Innehalten und Nachdenken konzentrieren kann.

Es geht um vieles: um den Wahrheitsgehalt von Bildern ("… Bilder als Waffen. Sie töten keine Menschen, aber die Wahrheit." 33), um die Frage der Schuld und des Widerstandes und darum, ob und wie weit man Grundsätze über den Schutz der Familie stellt u.v.m.

Der Roman wirft eine Blick zurück auf die Zeit des Nationalsozialismus, der auch in Nordafrika seine Spuren hinterlassen hat und ist gleichzeitig aktuell, wenn es um totalitäre Staaten und Toleranz geht.

Dieses Buch ist so komplex und vielschichtig wie das Leben selbst. Es ist spannend und prall gefüllt, fast ein wenig zu überwältigend.