Rezension

Flucht vor dem Leben

Erdenrund - Oliver Uschmann, Sylvia Witt

Erdenrund
von Oliver Uschmann Sylvia Witt

Bewertet mit 4 Sternen

Nach den dramatischen Ereignissen in Berlin muss jeder der vier Freunde sein Leben erstmal wieder alleine in den Griff bekommen.

Susanne wird bei ihrer Mutter in Köln in die Auseinandersetzung um den Ausbau der Neusser Straße hineingezogen, der ihre Mutter Haus und Kneipe kosten kann.

Der Ich-Erzähler verschanzt sich in einem Bochumer Studentenwohnheim, in dem er zwischen Videospielen und Pizza einem lebensmüden, schreibsüchtigen Studenten neue Perspektiven eröffnet.

Caterina reist nach Tunesien – mitten im Arabischen Frühling, auf der Suche nach Inspiration.

Und Hartmut ist auf dem Weg nach Sibirien- natürlich zu Fuß! Doch dann erreicht ihn ein Notruf von Caterina und die Freunde mobilisieren wieder all ihre Kräfte.

Der Ton des Buches ist anders als bei seinen Vorgängern. Ruhiger, ernsthafter, weniger überdreht und (leider) weniger hartmutesk. Abwechselnd werden einem die vier Freunde mit ihren Bewältigungsstrategien vorgestellt. Susanne und Caterina gewohnt aktiv, Hartmut gewohnt originell und der Ich-Erzähler enttäuschend und ungewohnt passiv. Die ruhigen Phasen spitzen sich dann gegen Ende hin endlich zu einer gewohnten Hartmut-Szene zu, wie man sie aus den anderen Büchern kennt und liebt. Leider hat auch dieses Buch ein Ende mit Schönheitsfehlern – diesmal kann ich es nicht mal nachvollziehen (während „Feindesland“ bei aller Bitterkeit wenigstens konsequent war – ob es einem gefiel oder nicht). Hoffentlich wird das Ende im nächsten Band korrigiert.

Fazit: auch wenn es eine ungewohnte Geschichte für Hartmut ist, lässt Uschmann hier die logische Konsequenz auf „Feindesland“ folgen. Die vier können nicht einfach weitermachen, die gewohnten Handlungsschemata greifen nicht mehr. Die Ereignisse lassen sich nicht mit Humor, Philosophie und Individualismus korrigieren und verarbeiten.

Schade finde ich, dass der Ich-Erzähler viel von seinem Charakter einbüßt und nicht alle Entwicklungen sind nachvollziehbar. Trotzdem ist es ein schönes Hartmut-Buch. Skurrile, sympathische neue Charaktere bereichern den Kreis um die vier Freunde und spielen hoffentlich auch weiterhin eine Rolle. Ich will sofort den nächsten Band!