Rezension

Frauen in der Kunst

Glasgow Girls -

Glasgow Girls
von Susanne Goga

Bewertet mit 5 Sternen

Im Mittelpunkt von Susanne Goga´s neuem historischen Roman steht ein Kreis von schottischen Künstlern und Designern, der an der Glasgow School of Art zusammenfand und im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert große Bedeutung hatte.

Die junge, aus der Arbeiterklasse stammende Olivia MacLeod wird auf die berühmte Glasgow School of Art aufmerksam und träumt davon, dort zu studieren. Eine bedeutende Mäzenin sorgt dafür ,dass dieser Traum wahr wird. Olivias Weg ist steinig - nicht nur, weil sie weder künstlerisch noch anderweitig so gefördert wurde wie ihre reichen KommilitonInnen, sondern auch, weil sie sich zurechtfinden muss in einer für sie völlig neuen und fremden Welt. So kannte ihr kleiner Kosmos, dem sie ihr ganzes bisheriges Leben angehörte, etwa keine berechnenden Menschen und Intrigen ... doch Olivia lernt und steht für ihren großen Traum ein, allen Widrigkeiten zum Trotz. Mit Gabriel, einem Künstler aus London, kommt auch ein Mann in ihr Leben - doch Gabriel hat ein Geheimnis, das sich auch auf Olivia und ihre Beziehung zueinander auswirkt ...

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"Glasgow Girls" ist ein historischer Roman, bei dessen Lektüre der Leser viel über den Glasgow Style und diese Künstlergruppe erfahren und lernen kann, doch er ist keineswegs nur für kunstinteressierte Leser empfehlens- und lesenswert, beinhaltet er doch so viel mehr: Es geht auch um den Spagat zwischen Kunst, Karriere und Liebe, überhaupt das Bild der Frau zu dieser Zeit, Bisexualität, eine sich im Wandel befindliche Gesellschaft, aber auch um Familie und Freundschaft.

Letztlich ist es ein gewohnt guter Roman aus der Feder dieser Autorin: toll geschrieben, herrlich atmosphärisch, mit tollen Figuren (etwa Olivia und ihre Freundin und Kommilitonin de Courcy). Vereinzelt, wie etwa im Falle von Gabriel, blieben mir diese zwar etwas distanziert, doch das war sicher von der Autorin ein Stück weit so gewollt, da Gabriel dieses Geheimnis umgibt und er vielleicht auch mysteriös gezeichnet werden musste. 

"Glasgow Girls" weist keinerlei Längen auf - ich habe diesen in jeder Hinsicht spannenden und wundervollen Roman in einem Rutsch und wirklich sehr, sehr gerne gelesen; er hat mir ein paar sehr schöne Lesestunden geschenkt. Da das Ende durchaus offen ist, wäre Raum und Potenzial für eine Fortsetzung vorhanden - ich würde definitiv gerne mehr über Olivia, Gabriel, diese Künstlergruppe, ihre Arbeit und das Leben in Glasgow lesen!  Hochinteressant wäre das, da die Glasgow School of Art für ihre Zeit sehr fortschrittlich war, wenn man bedenkt, dass dort damals schon viele Frauen studierten und lehrten - und wenn man bedenkt, dass heute, im Jahre 2022, der Anteil der Professorinnen an deutschen Universitäten je nach Bundesland immer noch lediglich bei knapp über 20 bzw. knapp über 30 Prozent liegt ...

Toll fand ich auch, dass es am Ende noch eine Liste mit weiterführender Literatur gibt; denn sowohl über die Glasgow Girls selbst als auch über Miss Cranston und ihre Tea Rooms möchte und werde ich auf jeden Fall mehr lesen!