Rezension

Frauenprobleme vor etwa 120 Jahren regen zu Vergleichen mit heute an

Das Pensionat am Holstentor: Frühlingstöchter -

Das Pensionat am Holstentor: Frühlingstöchter
von Anna Perbandt

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Genremix aus Milieustudie, Familien- und Liebesroman über 4 verschiedenartige junge Frauen und ihre Lieblingslehrerin um die vorletzte Jahrhundertwende

Die mit einem Ende Juli 1899 in Lübeck angesiedelten Prolog beginnende und uns anschließend durch die ersten drei Kapitel führende Leseprobe von Anna Perbandts im Rowohlt Verlag erschienenen Roman "Frühlingstöchter - Das Pensionat am Holstentor" hatte wegen der Geschichte über die 4 am Anfang des Erwachsenenlebens stehenden Freundinnen, des angenehm lesbaren Schreibstils und des zu Zeit und Ort passenden Covers rasch mein Interesse zu wecken vermocht.
Im Buch lernte ich die leicht an "Trotzkopf-Ilse" gemahnende Grafentochter Nora und ihre 3 sehr unterschiedlichen Freundinnen Fanny, Agnes und Lotte, die Pensionatsleiterin Frau Eggers(-"Rottenmeyer") und die sympathische Junglehrerin Gesche Petersen kennen. 
Der Buchtitel erklärt sich durch einen Geheimbund der Freundinnen.
Die durch Herkunft und Geld verursachten (Standes-)Unterschiede mit ihren Perspektiven bestimmenden Auswirkungen im romantischen wie im sozialen Bereich sind deutlich und regen zu Vergleichen mit der Gegenwart an.
Grafentochter und Arbeiter, arme Lehrerin und Grafensohn - Die Geschichte erinnert mit gefühlt 100x bebenden jungfräulichen Herzen gelegentlich an Hedwig Courts-Mahler bzw. an die beispielsweise in ihrem 1867 erschienenen Roman "Das Geheimnis der alten Mamsel" Kritik an den sozialen Verhältnissen, Zurücksetzung des weiblichen Geschlechts, Heuchelei  und Bigotterie übende Eugenie Marlitt. 
Das Buch endet mit einem mMn mittelschweren Cliffhanger das zweifelhafte Liebesglück einer frisch verheirateten Freundin Noras. 
Ob ich den Folgeband lesen werde, wird wohl eine spontane Entscheidung.