Rezension

Frieden finden

Hotel Silence -

Hotel Silence
von Auður Ava Ólafsdóttir

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Mann beschließt zu sterben. Doch konventionelle Methoden sind schnell verworfen, möchte er doch keiner ihm nahestehenden Person den Leichenfund zumuten. Also begibt er sich an einen Ort, an dem ein Krieg Land und Leute erschüttert hat. Die erwartete Anonymität ist ein Trugschluss, schließlich hat Jonas sein Werkzeug dabei und kann helfen.

Die ungewöhnliche Handlung lässt sich herunterbrechen auf menschliche Gefühle und Beziehungen. Beide Seiten, der Fremde und die Bewohner des nicht eindeutig benannten Landes, zeigen sich verletzlich und nahbar. „Die meisten Narben auf der Haut sind flach und blass und zeigen nur noch einen Bruchteil der Verletzung, die zu ihrer Entstehung führte.“ Die Umstände entfalten gleichzeitig das Potenzial für feinen Humor (welches Tier kommt wohl im Restaurant auf den Tisch) und für Hoffnung (wie die Veränderung in Kinderbildern als Traumaverarbeitung).

Es werden Details eingeflochten, wie Tagebuchseiten, die der Protagonist selbst wiederentdeckt, die eine Nähe zur Figur aufbauen und dennoch das Unverständnis für den Todeswunsch schüren. Auch wenn einiges unausgesprochen bleibt, entspinnt sich eine gleichermaßen eigentümliche wie eindringliche Geschichte. Sprachlich gelingt ganz wunderbar der Balanceakt zwischen Schwere und Leichtigkeit. Ich habe mich gut im Geschehen eingefunden und die Lektüre sehr genossen.