Rezension

Ganz anders sein

Glücklich ohne Geld! - Raphael Fellmer

Glücklich ohne Geld!
von Raphael Fellmer

Bewertet mit 5 Sternen

„Glücklich ohne Geld leben- wie ich ohne Geld besser und ökologischer lebe“ heißt das Buch von Raphael Fellmer. Ganz seiner Prämisse folgend ist das Buch im Internet gratis zu haben. Fellmer ist niemand der gerne halbe Sachen macht. Er verdient nichts und bezahlt auch nichts in bar. Er sammelt des Abends sein Essen zusammen, indem er die Abfalltonnen von Biomärkten öffnet und sich aneignet, was von der Überflussgesellschaft, als nicht mehr essbar eingestuft wird. Einfach weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist oder sonst irgendeinem Mitteleuropäischer Wohlstandszinnober das teilen von Grundnahrungsmitteln verhindert. Ähnlich konsequent, wie die neoliberale Wirtschaftsideologie, Gier, Ellenbogengesellschaft und durch ökonomisieren sämtlicher Lebensbereiche predigt schlägt sich der Idealist Fellmer auf die Seite der Andersdenkenden und setzt die Liebe an die Stelle des Götzen Geld, den die Menschen der westlichen Gesellschaftsform anbeten, um die eigene Leere zu füllen.

Sein Leben gerät nach langen Auslandsaufenthalten zum kompletten Gegenentwurf zur Konsumfixiertheit der Vernunftmenschen, die nur Dummes zustande bringen. Er hat nichts Geringeres vor, als die Welt zu verändern und das geht nur, wenn man beim eigenen Verhalten beginnt. Fellmer geht in den Geldstreik, bereist die Welt per Anhalter und indem er selbstredend kostenlos auf einem Segelboot über die Meere schippert. Denn er zur Erkenntnis gekommen, dass alle wirklich wertvollen Dinge ohnehin gratis zu bekommen sind. Und so hat er unterwegs Begegnungen, statt fiebrig auf sein Handy zu starren.

Sein Weg vom Vegetarier zum Veganer folgt einer „Liebe auf der ganze Linie“ Logik, die Tiere miteinschließt. Dazu inspirieren ihn Menschen und er gibt sein Wissen weiter, als er in Berlin Foodsharing aufbaut. Schließlich landet er nach Autostopp und Couchsurfing sogar in einer deutschen Talk Show, um über seine Projekte und seinen Geldstreik zu berichten. Ein radikaler Gutmensch sitzt zwischen den Karrieristen der Nachwendezeit. Fellmer hat es eher mit der Einfachheit mexikanischer Armutsviertelbewohner. Wieso nicht mit minimalen Mittel optimal Leben? Das ist sein Ansatz und den zieht er durch. Sein Kampf gilt der Umweltverschmutzung, der Verschwendung und den Konzernen. Damit liegt er auf einer Wellenlänge mit der deutschen Empörungskultur. Doch begreift er die Dinge nicht nur und krakeelt. Nein, der Don Quichote aus Berlin kämpft mit den Mitteln des gesunden Menschenverstandes gegen die Windmühlen einer Wegwerfgesellschaft, die nichts als Müll und Tod produziert.

Mich hat das Buch sehr beeindruckt und inspiriert. Fellmers Analysen sind treffend. Seine Konsequenz bewundernswert. Er stellt die Dinge vom Kopf zurück auf die Füße und lebt einen radikal ökologischen Ansatz. Fellmer zeigt auf mit welch einfachen Maßnahmen sich Lebensglück steigern lässt. Er lebt solidarisches Handeln und nachhaltigen Umgang mit vorhandenen Ressourcen vor. In dem Buch finden sich Dutzendfach Anregungen, wie jeder Einzelne sein Leben ändern kann, um in einen neuen Strom des Denkens zu kommen. All jenen, die von der Unmöglichkeit dieses Weges schwadronieren muss man entgegenhalten, dass sie den Abgrund auf den die Menschheit zugeht hinnehmen, wie eine Herde Schafe, die von Psychopathen in den Tod in geführt wird. Es ist klar, dass Raphael Fellmers Buch polarisiert und viele Gegner finden wird. Die Liebe wird nicht geliebt. Warum eigentlich?