Rezension

Ganz großes Kino!

Die Marseille-Connection - Massimo Carlotto

Die Marseille-Connection
von Massimo Carlotto

Die Biografie des italienischen Autors Massimo Carlotto bietet genügend Stoff für einen Kriminalroman: Mitglied der Lotta Continua,  bereits früh im Visier der Polizei, fünf Jahre auf der Flucht, elf Prozesse, sechs Jahre inhaftiert und schließlich begnadigt. Dass er kein gutes Haar an dem System und dessen Repräsentanten lässt, ist wohl nicht weiter verwunderlich.

Carlotto hat viel zu sagen, macht aber nur wenig Worte. Im Mittelpunkt seiner Romane steht immer die organisierte Kriminalität, wobei sein Heimatland zu diesem Thema wahrlich genügend Stoff liefert. Für seinen neuesten Thriller "Die Marseille-Connection" hat er allerdings als Handlungsort die südfranzösische Hafenstadt gewählt. Als Hintergrund sehr passend, da hier Kriminelle aus aller Herren Länder zusammentreffen: Sosim, ein Russe, Sunil, ein Inder, Giuseppe, ein Italiener und Inez, eine Schweizerin - sie kennen sich seit ihren Studienzeiten im englischen Leeds und bilden die Dromos-Gang. Skrupel kennen sie keine und haben ihre Hände in allem, was Profit verspricht, ganz gleich, ob Drogen, Prostitution, Organhandel, Korruption oder Geldwäsche. Ihre Kontrahenten von der Polizeibrigade Anti-Criminalité werden von Kommissarin Bernadette Bourdet, kurz BB genannt, angeführt. Die Guten und die Bösen sind nicht so leicht zu unterscheiden, denn die Methoden von Jägern und Gejagten unterscheiden sich kaum.

Mich erinnert die Art und Weise, wie Carlotto seine Geschichten aufbaut und seine Figuren charakterisiert, sehr stark an die herausragenden Romane der französischen Historikerin und Krimiautorin Dominique Manotti. Wie diese zeichnet der italienische Autor das triste, düstere Bild einer globalisierten Gesellschaft ohne Hoffnung, die gerade nach der Finanzkrise von der Gier nach dem schnellen Geld geprägt ist, wofür ohne Moral über Leichen gegangen wird und sich die wirklichen Verbrecher nicht mehr in dunklen Ecken herumtreiben, sondern längst mit Anzug und Krawatte in den Vorstandsetagen der großen Konzerne und Banken sitzen.

Der Autor will nicht nur unterhalten, er will seine Leser aufrütteln und aufklären. Das macht er schonungslos und hart, in einer klaren, direkten Sprache, die perfekt zu dem passt, was er zu sagen hat. Ganz großes Kino!