Rezension

Gelungene Kombi aus Spaß und Ernst

Unter uns nur Wolken - Anna Pfeffer

Unter uns nur Wolken
von Anna Pfeffer

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

Tom ist von seiner aktuellen Lebenssituation vollkommen überfordert: Sein Großvater Florian hat Alzheimer, verweigert aber jede Hilfe von außen. Jede Pflegekraft, die Tom beauftragt, schlägt Florian sofort in die Flucht. Denn sobald Tom nicht anwesend ist, wird der scheinbar unschuldige, liebenswürdige alte Mann unausstehlich. Selbst Tom wundert sich nicht mehr, dass alle nach kurzer Zeit das Handtuch werfen. Wer hier nicht gleich kündigt, muss wirklich verzweifelt sein! So wie Ani, die zwar keine Wohnung und keinen Job, dafür aber ein gebrochenes Herz hat. Selbst Florians fiesesten Tricks können Ani nicht in die Flucht schlagen.
Ganz langsam schließt Florian Ani ins Herz und teilt mit ihr jene Erinnerungen, die ihm geblieben sind: von seiner Arbeit, von Tom und von seiner großen Liebe Greta. Und je mehr Ani erfährt, desto weniger will sie Florian - und auch Tom - den Rücken kehren.

Meine Meinung

"Unter uns nur Wolken" hatte nahezu alles, was ich mir vom Roman erhofft und gewünscht hatte: Eine runde Geschichte mit widersprüchlich veranlagten Charakteren, kleineren Reibereien sowie schönen beißenden Kommentaren und Wortgefechten, die für die nötige Würze gesorgt haben. Allein aus sprachlicher Sicht hat die Story bei mir ins Schwarze getroffen. Der Schreibstil besitzt eine spielerische Leichtigkeit, die schon in den Jugendromanen der Autorinnen sehr gut bei mir angekommen ist und der mich bisher immer problemlos durch die Geschichten getragen hat.
Man merkt in diesem Roman aber auch einen Umschwung, sobald sich das Autorenduo ernsteren Themen (d.h. der Alzheimererkrankung von Florian) widmet. Demenz und Alzheimer sind zwei Krankheiten, bei denen es mir jedes Mal die Kehle zuschnürt, von ihnen zu hören oder zu lesen. Insbesondere bei Menschen wie Florian, die eigentlich ordentlich Grips haben, trifft mich dieses Thema ziemlich hart. Daher war ich immer hin- und hergerissen zwischen Lachen und Weinen, wenn ich nicht genau einschätzen konnte, ob Florian seine Gedächtnislücke gerade vortäuschte oder ob er tatsächlich einen Aussetzer hatte.
Wie viele andere auch musste ich, bevor ich in die Geschichte abgetaucht bin, an Honig im Kopf denken. Mit dem Film hat der Roman aber im Endeffekt lediglich 3 Punkte gemeinsam: die thematisierte Krankheit, dass der Betroffene ein alter Mann ist, und den gelungenen Spagat zwischen Ernst und Spaß. Die Figurenkonstellation, der Storyline und Dynamik sind jedoch deutlich anders. Florian ist schon mal ein gänzlich anderer Typ als Amandus. Er hat z.B. bisweilen seine misslichen Gesundheitsstatus ordentlich ausgenutzt - und manchmal ist er auch eindeutig mit seinen Schikanen übers Ziel hinausgeschossen. Das hat seine Pflegerin Ani und seinen Enkel Tom ganz schön auf Trab gehalten. Wenn der alte Mann gerade mal nicht seine "Späßchen" mit Ani trieb und Gift verspritzte, war er aber ausgesprochen süß. Seine kauzige Griesgrämigkeit besaß einen gewissen Charme, dem sich Ani und ich nicht recht entziehen konnten. In diesen Momenten hatte ich besonders viel Verständnis für ihn bzw. die Schwierigkeit seiner Situation: Es muss einfach unglaublich hart sein, nicht mehr ganz Herr über seine geistige Fähigkeiten zu sein und sich als erwachsener Mensch entmündigen lassen zu müssen. Natürlich sträubt man sich dagegen! Aufgrund des inneren Konflikts und seiner widersprüchlichen Seiten hat Florian von den drei Protagonisten in meinen Augen einfach am meisten herausgestochen. Aber auch Tom und Ani sind keine blassen Charaktere. So stur, schlagfertig, streitlustig, aber unbestreitbar herzensgut, wie sie sind, wussten sie mich in ihrem Mit- (bzw. Gegen-)einander gut zu unterhalten. Schon nach dem ersten Zusammentreffen war klar: Hier haben sich Topf und Deckel gefunden! Die sich anbahnende Liebesgeschichte war also keine sonderliche Überraschung. Sie war allerdings auch nicht das Hauptaugenmerk der Autorinnen, was ich in diesem Fall sogar begrüßt habe.
Das einzige Manko in meinen Augen ist, dass die Geschichte zu schnell erzählt ist (zumindest kam es mir so vor). Ich hätte mir gewünscht, dass der ein oder andere Aspekt noch etwas "ausgeschlachtet" worden wäre, damit sich der volle Effekt entfalten kann.

Mein Fazit

Insgesamt hat mich "Unter uns nur Wolken" abwechselnd gut unterhalten und sehr nachdenklich bis traurig gestimmt. Das Autorenduo beweist wieder sein Händchen für pointierte, gewitzte Dialoge und gleichzeitig Fingerspitzengefühl für weniger spaßige Themen. Bei einer solch gelungenen Mischung dürfte der Roman auch gerne mehr Seiten umfassen.

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