Rezension

Gelungener Ausflug ins Land der Liebe

Wie die Franzosen die Liebe erfanden - Marilyn Yalom

Wie die Franzosen die Liebe erfanden
von Marilyn Yalom

Bewertet mit 4 Sternen

In „Wie die Franzosen die Liebe erfanden“ taucht Marilyn Yalom tief in die mitteleuropäische Literaturgeschichte ein, um dem Leser jenen besonderen Esprit zu vermitteln, der den Franzosen zum Thema Liebe immer noch anhaftet. Das Alleinstellungsmerkmal der Liebe à la française ist die Bedeutung die sie sexueller Lust beimisst, so Marilyn Yalom. Betrug und Liebesverrat gehören praktisch zum guten Ton und von der Prüderie amerikanischer Provinzstädte ist Paris in etwa so weit entfernt, wie Planet Mars von der Erde. Augenscheinlich hat die französische Literatur einen nicht unerheblichen Anteil an dem leidenschaftlichen Gebaren des Nachbarlandes. Es ist schon erstaunlich, was Marilyn Yalom da aus Moliére, Racine, Balzac, George Sand, Rimbaud, Proust, Simone de Beauvoir und Marguerite Duras und einigen anderen Schriftsteller-Heroen herausholt. Diese kulturhistorischen Betrachtungen habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Man merkt die Begeisterung der Autorin für ihr Thema an. Dabei ist der Erzählton wohltuend nüchtern gehalten, aber niemals wissenschaftlich abgehoben. Frankreich, einmal Hort der Aufklärung und Synonym für Modernität hat über die Jahrhunderte europäisches Leben geprägt und mündet nun langsam in den Nihilismus Houellebecqs. Da wird ein interessanter Bogen gespannt, der mich auf keiner Seite gelangweilt hat. Ein Buch für Frankreichfreunde!