Rezension

Gelungener Ökokrimi!

Neumondnacht
von Günter Neuwirth

»Wo ein Messer einmal tief ins Fleisch geschnitten hat, tut die Berührung durch eine Feder weh.« (Christa Wolf)

Es vergeht kaum ein Jahr, an dem uns kein Lebensmittelskandal heimsucht: Genmais, Sägespäne im Joghurt, Glassplitter im Milchreis und zuletzt der sogenannte »Pferdefleischskandal« lassen die Konsumenten aufhorchen.

Parallel dazu entwickelt sich eine andere Bewegung. Immer mehr Menschen versuchen sich selbst zu versorgen (Urban-Gardening ist der neue Trend), kaufen ihre Ware direkt beim Hersteller oder achten auf Bioqualität. Die Verunsicherung der Verbraucher und die Wut auf große Lebensmittelkonzerne führen zu einem Umdenken in der Bevölkerung, nicht nur beim Kauf sondern auch beim Verbrauch (Restlküche boomt) und der Verarbeitung (so naturbelassen wie möglich). Viele Menschen wollen ebenso das Tierleid verringern beziehungsweise verhindern. Der Trend geht zum vegetarischen Lebensstil. Vegane Restaurants, Saftbars, vegetarische Eigenmarken diverser Supermärkte sprießen aus dem Boden und sogar vegane Eiskreme ist keine Utopie mehr, sondern längst überall erhältlich. Doch nicht alle Menschen schaffen es, sich rein pflanzlich zu ernähren, doch immer öfter wird Fleisch eingespart.

Umweltschützer sind der Meinung, dass schon ein fleischloser Tag in der Woche viel zum Tier- und Umweltschutz beiträgt. Die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch belastet das Klima so stark wie eine 250 Kilometer lange Autofahrt. Akifumi Ogino vom Nationalen Forschungsinstitut für Landwirtschaft in Tsukuba und seine Kollegen hatten dazu die Rinderhaltung in Japan von der Geburt bis zur Schlachtung der Tiere untersucht. Demnach entstehen bei der Rinderhaltung, für ein Kilogramm Fleisch, Gase mit einer Treibhauswirkung, die der von etwa 36 Kilogramm Kohlendioxid entspricht.

Auch der Stallmist kann negativ zur Umweltbilanz beitragen, da er Boden und Wasser belastet. Darüber hinaus kostet die Fleischproduktion Energie, hauptsächlich für die Herstellung des Tierfutters. Die Umweltbelastung, die beim Transport des Fleisches entsteht, haben die Wissenschaftler dabei nicht berücksichtigt. Das heißt, die Umweltbilanz der gesamten Rindfleischproduktion - vom Acker bis auf den Teller - fällt noch schlechter aus, als die Studie zeigt.

Wem all diese Berechnungen nicht reichen, um zumindest teilweise fleischlos zu leben, der wird vielleicht nach der Lektüre des neuen Kriminalromans des Autors Günter Neuwirth umdenken, der genau in diese Kerbe schlägt. Der Autor ist bereits ein Geheimtipp für ökobewusste Krimileser und jene, die es werden wollen, da er stets solche Themen aufgreift und thematisiert. Er macht dies aber nie mit dem erhobenen Zeigefinger sondern locker, spannend und humorvoll.

»Neumondnacht« ist der zweite Roman in dem Kriminalbeamtin Christina Kayserling vom Kriminalreferat Steyr ermittelt.

Diesmal wird ein Industrieller in seinem Lagerhaus von einem Regalbediengerät überrollt, es handelt sich um den Konzernleiter und Fleischbaron Herbert Felder. Was wie ein Unfall aussieht, wird zu einem außergewöhnlichen Kriminalfall in dem es an Abgründen und Verdächtigen nicht mangelt. Denn Herbert Felder hatte viele Feinde, da er die Konkurrenz austrickste und in üble Machenschaften und Geschäfte verwickelt war. Er verkaufte qualitativ schlechtes Fleisch als gute Ware und hetzte damit nicht nur Neider aus der Witrtschaft, sondern auch militante Tierschützer auf. Und auch privat war Herbert Felder alles andere als ein guter Mensch....

Günter Neuwirth legt hier einen Kriminalroman vor, der sich wohltuend von anderen Regionalkrimis abhebt. Der Krimi beginnt nicht mit dem Mord. Der Autor lässt sich Zeit die Figuren ins rechte Licht zu rücken, sie dem Leser nach und nach vorzustellen und zieht einen damit sofort in die Geschichte hinein. Noch bevor die erste Leiche präsentiert wird, ist man als Leser bereits mit den Personen und deren Handlungen verstrickt und kann das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

 

Der Autor hat es geschafft einen kurzweiligen packenden Krimi zu schreiben, der gleichzeitig sprachlich ausgefeilt ist. Die Dialoge sind wunderbar lebhaft und teilweise mit köstlichem Humor angereichert. Der Schreibstil ist treffend, prägnant, packend und rasant.

Die Protagonistin Christina Kayserling ist sympathisch gezeichnet und gibt eine gute Identifikationsfigur ab, auch ihr Partner bei diesem Fall, der Landpolizist Raimund Brandstätter ist ein netter Kerl.

Zusätzlich rückt in diesem Roman eine Nebenfigur in den Fokus: der Koch Albrecht Kammerhofer, der gemeinsam mit seiner liebevollen Familie den Lesern sicher ans Herz wachsen wird. Der Roman beginnt auch gleich mit einer Küchenszene, die die Figur des Kochs sehr eindrucksvoll darstellt.

Sämtliche andere Figuren sind gut charakterisiert, agieren authentisch und glaubhaft. Gut und Böse verschwimmt bisweilen ineinander und zeigt auf, dass nicht immer alles schwarz und weiß ist, sondern dass es viele Grausstufen dazwischen gibt.

Lokalkolorit ist zwar vorhanden, die Figuren sprechen allerdings nicht umgangssprachlich, wie in Lokalkrimis üblich. Dadurch hebt sich »Neumondnacht« deutlich von anderen Krimis, die in der österreichischen Provinz spielen ab, wenngleich diese sprachlichen Eigenheiten oft hilfreich sein können, um die Personen auseinander zu halten. In »Neumondnacht« sprechen alle Personen nach der Schrift, sogar die Bauern.

»Neumondnacht« besticht durch einen überaus raffinierten Plot, gut platzierte überraschende Wendungen, interessante Charaktere, einen kniffligen Kriminallfall und eine überraschende sowie faszinierende Auflösung.

Der Autor verwendet viele verschiedene Erzählperspektiven, grenzt diese allerdings kapitelweise (deshalb kommt der Roman auch auf 90 Kapitel) ab, so dass man dem Geschehen durchaus gut folgen kann. Die Geschichte spielt innerhalb eines Monats, gut ersichtlich durch zusätzliche Überschriften.

Der Molden Verlag hat sich für eine Hardcoverausgabe im Schutzumschlag entschieden, das dem niveauvollen Krimi angemessen ist. Das Cover ist minimalistisch gestaltet. Komplett schwarz, nur im oberen Drittel sind einige Wolken und eine zarten Mondsichel zu sehen.

»Neumondnacht« ist somit eine atemberaubende, nachdenklich machende Lektüre, die ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann. Daher gibt es von mir eine klare Leseempfehlung!

Vielen Dank an den Moldenverlag für diesen unterhaltsamen und kurzweiligen Leseabend.