Rezension

Gemächlich

Barbarotti und der schwermütige Busfahrer -

Barbarotti und der schwermütige Busfahrer
von Håkan Nesser

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dass die Barbarotti-Bücher von Hakan Nesser nicht vor Action strotzen, das weiß man, wenn man ein solches Buch in die Hand nimmt. Nesser ist eher für seine feine psychologische Zeichnung der Figuren bekannt als für Hochspannung und Tempo.

So ist es auch in diesem Fall. Albin Runge wird bedroht. Seit er vor vielen Jahren einen schweren Unfall mit einem Bus verursachte, bei dem 18 Menschen ums Leben kamen, ist er depressiv und nur seine Ehefrau Karin hält ihn im Leben. Nun bekommt er Drohbriefe von einem geheimnisvollen Menschen, der sich "Nemesis" nennt. Doch Barbarotti und seine Kollegin Eva Backman können den Täter nicht ermitteln,. Dann ist Runge verschwunden. Einige Jahre später glaubt Barbarotti während eines Urlaubs auf Gotland  in einem Radfahrer  Runge zu erkennen und ganz auf sich gestellt rollen die beiden den Fall noch einmal auf.

Das Buch ist sehr raffiniert konstruiert. Neben den Ermittlungen von 2012 spielen auch Runges Tagebuchaufzeichnungen eine Rolle, die er "Kleckse und Späne" nennt, und die Ermittlungen auf Gotland im Jahr 2018. Alle verschiedenen Zeitschienen sind aber gut erkennbar und man kann ohne Probleme hin und her springen.

Besonders gut geschildert fand ich die private Beziehung zwischen Barbarotti und Backman. Sie ergänzen sich sehr gut, sind inzwischen in Barbarottis Haus gezogen, wo auch noch die diversen Kinder wohnen, albern manchmal rum und spielen sich die Bälle zu. Das macht wirklich Spaß zu lesen, ein absoluter Gegensatz zu den oft kaputten Typen in anderen Skandinavienkrimis.

Dabei ist das Buch auch manchmal philosophisch, es werden weltbewegende Probleme über Gott und die Welt gewälzt, und es ist nie oberflächlich. Mir gefällt diese Herangehensweise sehr gut. Allerdings kommt die Spannung manchmal zu kurz. Trotzdem überrascht der Schluss, aber er hat mich auch gefreut.

Ein wirklich guter, wenn auch etwas anderer Skandinavienkrimi, der sich nicht in eine Schublade stecken lässt.