Rezension

Gemischte Gefühle

Lieblos - Katia Fox

Lieblos
von Katia Fox

Ehrlich gesagt, lässt der Roman mich mit gemischten Gefühlen zurück. Anfangs war die Geschichte eher langatmig, ja geradezu zäh. Ab der Mitte ging es plötzlich los und am Ende war es sogar richtig spannend. Das Thema, im Ganzen recht traurig, hinterliess ebenfalls einen bitteren Nachgeschmack.

Zuerst konnte ich mich nicht so recht in die Geschichte einfühlen, konnte mich nicht richtig konzentrieren und die Personen waren mir kaum sympathisch, einfach zu fade das Ganze. Isabelle wird eines regnerischen Tages auf dem gestressten Weg zur Uni in Paris von Marc aufgelesen und erobert. Er macht ihr teure Geschenke, lädt sie an schicke Orte ein und verführt sie mit den Vorzügen des Luxusleben. Schneller als sie es sich versieht, rutscht sie in die Rolle der Geliebten. Und diese Abhängigkeit bleibt bestehen. Tage wartet sie auf eine SMS, einen Anruf, irgendein Zeichen oder eine Einladung von Marc, nur für eine Nacht mit ihm, einige Stunden der Leidenschaft, Momente, in der sie sich wichtig fühlt. Doch diese Wichtigkeit ist nur Illusion, sie nur ein Spielzeug, die Liebe nur einseitig. Bis das Isabelle klar wird und sie sich das auch eingesteht, vergeht viel zu lange, Jahre...um genau zu sein, der Grossteil des Romanes.
Ich möchte ja nicht zu viel spoilern, doch glaube ich auch nicht, wenn ich zuviel vorweg nehme, wenn ich verrate, dass während dieser Zeit als Geliebte, Isabelle einige Freunde verliert, nicht den Job nach der Uni anstrebt, den sie ursprünglich geplant hatte. Hinzu kommen eigene Familienprobleme, die Geschichte mit ihrem Vater wie im Klappentext schon angedeutet wird. Diese Familiengeschichte ist es auch, die mich am meisten interessiert hatte, die ich gut ausgearbeitet, vernetzt und authentisch empfand. Der Teil mit Marc war zwar auch sehr authentisch (obwohl ich nicht von eigenen Erfahrungen sprechen kann), aber doch ein trauriges Kapitel in Isabelles Leben, das mich sogar manchmal mit Wut im Bauch lesen liess. Grosses Thema dabei ist auch Bulimie. Isabelle leidet unter Fressattacken, die anschaulicher wohl kaum beschrieben werden könnten. Wie die Autorin im Nachwort erklärt, las sie sich zur Recherche durch etliche Blogs und Foren, um sich mit dem Thema auseinander zu setzen und gibt auch den Rat, wie man Personen mit Essstörungen helfen könnte.
Diese Themenwahl, die zweite Hälfte des Romanes und die sehr detailliert ausgearbeitete Figur von Isabelle begeisterten mich. Der langezogene Einstieg, bis endlich etwas passierte, das klischeehafte Bild der Luxuswelt, die Beziehung von Geliebten und reichem Mann mit Familie gaben jedoch Punkteabzug. Auch empfand ich den Preis, der ihr Vater für den Fehler in der Vergangenheit zahlte, nicht nur viel zu hoch, sondern auch nicht ganz glaubwürdig. Ich hätte nicht über so viele Jahre gleich gehandelt. Wer sich selber ein Bild davon machen möchte, muss die Geschichte lesen. Auch das Ende der Geschichte fand ich zu schnell zu perfekt. Für mich hätte es nicht so viele Kirschen auf der Sahneglasur der Torte gebraucht. Aber ich bin kein Fan von übertriebenem Happy End, oder eben nur wenn es die Geschichte zulässt und nicht auf Brechen alle glücklich und zufrieden sein müssen als wäre nie etwas gewesen. Das finde ich zu kitschig und nicht lebensecht.
Der Schreibstil liest sich fliessend und angenehm. Die Beschreibungen zeugen von eigener Erfahrung, was sich mit Fotos auf der Website der Autorin bestätigt: Sie selbst liebt die Provence, Olivenhaine und Doggen. Ein Teil der Geschichte spielt in Paris, der andere Teil in Aix-en-Provence und der Autorin gelang es, der pulsierenden Grossstadt wie auch dem lavendel-duftenden Land in Südfrankreich Leben und Farbe einzuhauchen. Die Geschichte wird dazu in Phasen erzählt, zum einen im Jetzt (Aix-en-Provence im Sommer, über wenige Monate) und in Jahresabständen in der Vergangenheit, sozusagen Rückblenden über die Geschichte von Isabelle und Marc. 
Wer also Frankreich, Louboutins und ein Haus in der Provence liebt, fühlt sich in dem Roman ganz zu Hause. Wer sich für das Thema Bulimie und die Einsamkeit betroffener Personen interessiert, wird hier ebenfalls fündig. Für mich war es etwas Neues, im Sinne, dass ich die Autorin noch nicht kannte, aber auch durch den Themeninhalt, der nicht unbedingt in meine Lieblingsgenre passt. Aber es hat mich gut unterhalten, nach dem etwas holprigen Einstieg.
 

3,5 / 5 Sterne