Rezension

Gewöhnungsbedürftig

Score - Martin Burckhardt

Score
von Martin Burckhardt

Bewertet mit 3 Sternen

Das Buch Score von Martin Burckhardt interessiert mich schon, als ich den Klappentext gelesen hatte. Schon fast untypisch, dass ein Buch die nahe Zukunft eher als Utopie, denn als Dystrophie zeigt.

Damian, Mitglied der „Social Design Planning Group“ der Firma Nollet führt ein glückliches Leben. Die Firma, die das klassische Staatensystem abgelöst hat und die Gesellschaft von ihren Lastern befreit hat, hat mit dem Score sämtliche Währungen abgelöst.

Statt zu Arbeiten können die meisten Leute nur noch Spielen, tun woran sie Spaß haben und führen damit ein erfülltes Leben. Krankheiten, Hunger, Gewalt – all dies gibt es nicht mehr.

Damian ist mit der Tochter eines der Nollet Gründer mehr als gut befreundet, zu ihm selbst hat er ein väterliches Verhältnis. Auch im Vorstand der Firma hat er eine Vertraute und ist auf dem besten Weg eine Schlüsselrolle im System einzunehmen.

Doch das Buch beginnt, als er und eine Kollegin eine Befragung an einem früheren Kollegen durchführen müssen, der auf unerklärliche Weise in kürzester Zeit einen rapiden Abfall im Scor hatte. Das ist so ungewöhnlich, dass solche Vorkommnisse untersucht und wenn nötig geahndet werden.

Noch während der Befragung stirbt der Mann und für Damian beginnen damit die Probleme. Jenseits der heilen Welt, in der „Zone“, herrschen Warlords, sind Hunger und Krankheiten, Gewalt und Verbrechen an der Tagesordnung. Und genau von dort scheint das System Nollets angegriffen zu werden.

Es entwickeln sich eine ganze Reihe von Ereignissen, die einem lange völlig offenen Ergebnis entgegen gehen.

Teile von Score erinnern an Matrix, an Minority Report und andere Filme bzw. Geschichten des Genres. Durch viele Erzählungen aus der Vergangenheit entwickelt sich die Geschichte elendig langsam, wirkt zum Teil einschläfern. Zwar will man über große Strecken wissen, wie es nun weiter geht – aber muss sich zum Weiterlesen teils zwingen.

Dass hier ein Kulturtheoretiker – wohl eher aber ein Gesellschaftstheoretiker – und kein reiner Autor zur Feder gegriffen hat, merkt man sehr schnell. Viele philosophische, gesellschaftswissenschaftliche und gar tiefgreifende anthropologische Fragen werden in den Raum gestellt, teils beantwortet, teils offen gelassen. Der Protagonist wirkt dabei über große Strecken abwesend, wie betäubt und man fühlt sich, als würde man das ganze durch einen Schleier sehen.

Auch viele unappetitliche Dinge werden beschrieben, was das Buch für einige zarter Besaitete nur no go Lektüre macht.

Alles in allem enttäuscht das Buch, da die Spannungskurve der (Achtung Spoiler) Tragödie furchtbar flach ist. Viele Hintergründe, viele unnütze Informationen, viele – Entschuldigung – dämliche und flache Charaktere. In der Hoffnung, das Buch löst ein, was die Idee verspricht, kann man es recht schnell lesen. Das wird allerdings durch unnötig viele Fachbegriffe (kommt wie pseudo-intellektuelle Selbstdarstellung rüber), Belanglosigkeiten und fehlende Authentizität behindert.

Mein Fazit nach 351 Seiten – 3 Sterne, da die Idee gut ist und nach gewöhnlichem Plot ein ungewöhnliches Ende folgt.