Rezension

Gut zugespitzte Branchenkritik, aber leider langatmig

Der Erzähler - Richard Flanagan

Der Erzähler
von Richard Flanagan

Bewertet mit 3 Sternen

Kif Kehlmann träumt vom Schriftsteller-Dasein, muss aber in der Realität mit finanziellen Sorgen und schlecht bezahlten Langweiler-Jobs kämpfen. Da seine Frau kurz vor der Geburt von Zwillingen steht und sie bereits eine gemeinsame Tochter haben, braucht Kif dringend Geld. Also nimmt er den Auftrag an, als Ghostwriter die Autobiografie des Kriminellen und Betrügers Siegfried Heidl zu schreiben. Kif bleiben nur wenige Wochen Zeit und er verzweifelt zunehmend an der unkooperativen Art Heidls.

Die Geschichte empfand ich als clever und durchaus ansprechend. Der Autor baut auf geschickte Weise fundierte Kritik an inhaltslosen, nichtssagenden Bestsellern und Promi-Biografien ein. Dabei spitzt er einige Geschehnisse herrlich zu. Gut gelungen ist Richard Flanagan zudem die psychologische Seite. Kif merkt nach und nach, wie er sich durch das absurde und rücksichtslose Verhalten des manipulativen Heidls selbst immer mehr zum Schlechteren verändert. Die abgrundtiefe Abneigung verwandelt sich nach und nach in Zynismus und sogar in eine Art Bewunderung Heidls. Merkwürdigerweise bleibt Kif trotz dieser Vorgänge als Charakter eher blass. Und Sympathieträger sind weder Kif noch Heidl.

Die Handlung zieht sich zudem streckenweise ganz schön hin. Einige Stellen wie die immer weiter fortschreitenden Lügen Heidls, das ständige Hin und Her zwischen Heidl und Kif, ohne dass sich die Situation weiterentwickelt, sowie die Ausflüge in Kifs Privatleben haben mich ziemlich ermüdet. Darunter leiden für meinen Geschmack leider Erzähltempo und Spannung zu sehr.