Rezension

Habe irgendwie mehr erwartet

Rette mich vor dir - Tahereh Mafi

Rette mich vor dir
von Tahereh Mafi

Bewertet mit 3 Sternen

Ich fürchte mich nicht war eines der besondersten Bücher, die ich bis jetzt gelesen habe, weshalb es für mich auch nur eine Frage der Zeit war, bis ich zum zweiten Teil greifen würde. Nach einem solchen Buch, wie es Ich fürchte mich nicht für mich war, musste ich unbedingt wissen, wie Tahereh Mafi ihre Geschichte und ihren einzigartigen Schreibstil wohl weiterentwickeln würde. Nun ja, das Endergebnis von Rette mich vor dir hat mich fassungsloser und verwirrter zurückgelassen, als ich es vermutet hätte...

>>Doch Zeit entzieht sich unserem Verständnis. Sie ist endlos, existiert unabhängig von uns; sie kann nicht knapp sein, und wir können sie nicht verlieren oder festhalten.<< (S.18)

Obwohl diese Geschichte fast nahtlos an seinen Vorgänger anknüpft - es sind 2 Wochen vergangen, seitdem Juliette auf Omega Point angekommen ist, - so scheint es doch, als wäre zwischen den beiden Teilen viel mehr Zeit vergangen. Glaubte man noch am Ende des ersten Teils, an eine positive Entwicklung Juliettes und ihre aufkeimende Hoffnung, so wird einem der Glaube an dieses, ja fast schon Wunder, recht schnell genommen. Nicht nur Juliettes Gedanken verraten dem Leser ihren Umbruch, sondern auch der Schreibstil passt sich wie immer Juliettes Situation an und zeigt dem Leser genau auf, wie sie sich fühlt.
 
>>Wir sind nicht abnormal. Wir sind unvermeidliche Ergebnisse der perversen Manipulationen unserer Erde.<< (S.8)

Im ersten Moment konnte ich es nicht fassen, warum die Autorin uns einen solchen Wechsel zumutet und den Lesern für ihre Taten noch nicht einmal eine Erklärung gibt. Man ändert sich nicht einfach so, von heute auf morgen, und vielleicht ist es gerade dieser Aspekt, der dem Leser erst im Laufe der Geschichte klar wird. Zwar beschreibt Tahereh Mafi nicht explizit, was Juliettes Problem war, aber wer diese Geschichte, diesen Schreibstil und diese Protagonistin versteht, der wird auch diesen Schritt verstehen und nachvollziehen können. Denn auch dieses Mal entwickelt sich Juliette weiter, sie bekommt endlich die Augen geöffnet und verschließt sie nicht mehr vor der Wirklichkeit.

>>Ich blicke mich um.
Auf den Boden.
Auf die Folgen meiner Tat.
Und zum ersten Mal begreife ich, dass ich die Kraft habe, alles zu zerstören.<< (S.62)

Auch Adam wird zu Wachs zwischen Mafis Worten und wird so ganz neu geformt. Als großer Fan Adams konnte ich es nicht fassen, was die Autorin da mit diesem Charakter anstellt. Auch jetzt bin ich noch immer der Meinung, dass man nicht hätte so weit gehen müssen, nur um dieses Ergebnis zu erzielen. Es ist regelrecht erschütternd, wie stark die Autorin den Fokus auf Adams schlechte Seite gelegt hat und ihn somit zu jemandem gemacht hat, der er vielleicht gar nicht wirklich ist.

>>Sein mechanischer Tonfall entgeht mir nicht. Etwas ist nicht in Ordnung und ich kann nicht fassen, dass mir das erst jetzt auffällt.<< (S.29)

Dafür erscheinen aber andere Personen auf der Bildfläche, die ich vorher so gar nicht auf dem Radar hatte. Ehrlich gesagt hätte ich zu Beginn dieser Geschichte niemals gedacht, dass Warner und auch Kenji jemals so große Rollen in dieser Geschichte spielen würden. Beide scheinen, als würden sie sich erst jetzt richtig zeigen wollen und besonders Warner fährt hierbei mit einem Wandel auf, der mir die Schuhe auszog. Leider kann ich jedoch noch nicht wirklich sagen, ob sich diese Überraschung positiv oder negativ auf meine Meinung über ihn ausübt.

>>Wie sein Vater versucht er die Welt zu beherrschen, ohne dieses Ziel zu hinterfragen, ohne die Folgen zu bedenken, ohne sich den Wert eines Menschenlebens bewusst zu machen.<< (S.104)

Obwohl Rette mich vor dir die Spannung insgesamt hält und weiterhin über einen wunderschönen, ja fast schon poetischen Schreibstil verfügt, so schafft die Geschichte es diesmal leider trotzdem nicht ganz meine Erwartungen, die ich mir durch den einzigartigen ersten Teil gestellt habe, zu erfüllen. Wer hier eine actionreiche Dystopie erwartet, der wird nur zum Teil das bekommen, was er sich wünscht, denn die eigentliche Geschichte besticht in meinen Augen durch die, vielleicht ungewöhnliche und auch überraschende, Weiterentwicklung der einzelnen Charaktere.

>>Die Welt erscheint mir in Schwarzweiß, und sie ist so leicht zu erobern und zu zerstören.<< (S.56)