Rezension

Hat mich enttäuscht

Nicht wie ihr - Tonio Schachinger

Nicht wie ihr
von Tonio Schachinger

Bewertet mit 2 Sternen

Dieser Roman ist das Debüt des jungen Autors Tonio Schachinger, das den Sprung auf die Longlist des Deutschen Buchpreis 2019 geschafft hat.

 

Worum geht’s?

 

Im Mittelpunkt des Romans steht Ivica „Ivo“ Trifunović, 27 Jahre alt und ein internationaler Fußballstar. Ivo sieht sich als Mittelpunkt der Welt, um die sich alles dreht. Er verdient 100.000 Euro pro Woche und kann seine Herkunft aus einfachen Verhältnissen nicht verleugnen.

 

Meine Meinung:

 

Im Klappentext wird der Roman als „rotzig, deep und fresh“ beschrieben. Doch ist er das wirklich? Ich finde den Schreibstil reichlich hölzern. Einige (wenige) gute Formulierungen wechseln mit vielen seltsamen Satzkonstruktionen ab. Beispiele gefällig?

„Nach der Bescherung fuhren Jessy und er zur Weihnachtsfeier vom Verein und Jessys Brüste bedeuten ihm überhaupt nichts. (S. 110)“

Die beiden Hauptsätze habe überhaupt keinen Zusammenhang, werden aber mit der Konjunktion „und“ verbunden. Außerdem muss es „Weihnachtsfeier des Vereins“ heißen. Und überhaupt mit der Grammatik und hier besonders mit dem Genitiv hat es der Autor so gar nicht. Der verschwindet zu Gunsten des Dativs (siehe Bastian Sick „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“).

 

Auf S. 197 können wir Ivo beim Haarstyling zum Irokesen beobachten, um wenige Zeilen später zu lesen “Ivo steht vor dem Spiegel, fährt sich durch seine abrasierten Haare und Bobi repariert irgendwo in Liesing Autos in seiner Werkstatt.“ Wieder werden zwei völlig zusammenhanglose Hauptsätze mit „und“ verbunden. Wie man sich durch abrasierte Haare fahren kann, interessiert mich.

 

Immer wieder finden sich Wortschöpfungen wie “ur toll“, „ur geil“ oder „ur viel“, die lt. Duden zusammengesetzt geschrieben werden. „Ur“ allein stehend ist der Auerochse (ausgestorben) und die Stadt im alten Mesopotamien, heute Irak.

Das Wort „etwas“ wird häufig zu „was“ verkürzt: “..., dass sie was sieht.“ (S.100). Jede Lehrkraft würde solche Sätze verbessern (wollen).

 

Starke Verben sucht man eher vergebens, die Hilfsverben „haben“ und „sein“ scheinen die Lieblingswörter zu sein. Dabei hat der Autor Germanistik und Sprachkunst studiert.

 

Obwohl dem Leser Hintergrundinformationen zu Fußballern und deren Manager versprochen worden sind, kann ich nur vereinzelt darüber lesen. Über weite Strecken beobachten wir Ivo bei seinen philosophischen (?) Ergüssen, die mir sehr egozentrisch und unrealistisch vorkommen. Seitenhiebe auf ehemalige österreichische Fußballstars klingen gehässig („neben Krankl wirkt sogar Toni Polster intelligent“). Ivo findet an seinen früheren Arbeitgebern und dem aktuellen Klub einiges auszusetzen. Seine Gedanken oder Aussagen hinterlassen bei mir den Eindruck eines verzogenen Bengels, der nicht erwachsen geworden ist. Er fährt teure Autos (Bugatti, Jaguar etc.). Er lebt in einer künstlichen Welt.

 

Gut gefällt mir die gediegene Aufmachung des Buches. Das Cover ist auffällig gestreift und mit einem schönen Schutzumschlag versehen, inklusive Lesebändchen. Leider kann die attraktive Optik den für mich eher schwachen Inhalt nicht wettmachen.

 

Dieser Debütroman lässt mich enttäuscht zurück. Die Entscheidung der Jury, ausgerechnet dieses Buch auf die Longlist des Deutschen Buchpreises zu setzen, kann ich nicht nachvollziehen. Allerdings kenne ich die Kriterien, nach denen die Werke ausgesucht werden, nicht. Ich dachte immer, korrekte Grammatik wäre eines davon.

 

Fazit:

 

Dieser Debütroman lässt mich enttäuscht zurück. Es reicht gerade einmal für 2 Sterne.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 29. August 2019 um 08:56

Korrekte Grammatik - ha, ich bin gespannt, es war nach der Leseprobe mein Favorit - das kommt drauf an, genauso wie bei der korrekten Pinselführung in der Malerei. Ist es innovativ oder schlecht? Mal sehen, ich werde es auf alle Fälle lesen.