Rezension

Heimlichkeiten und Verhängnisse aus dem Block

Der Kaninchenstall -

Der Kaninchenstall
von Tess Gunty

Bewertet mit 5 Sternen

Wenn man unkastrierte Kaninchenböcke zusammen in einem Käfig hält, so beißen sie sich gegenseitig tot. Blandine aus C4 wohnt gleich mit 3 Jungs in ihrem Alter zusammen. Sie haben sich bei der Jugendfürsorge kennengelernt und versuchen jetzt ins Erwachsenenleben zu starten. Blandine ist fasziniert von Hildegard von Bingen und anderen Mystikerinnen, hat einen hohen IQ und ärgert sich über die Umbaupläne der Stadt, die den verwilderten Park in Vacca Vale zu einem neuen Industriestandort revitalisieren sollen. Vacca Vale liegt mitten im Rust Belt der USA.

Unter der Wohngemeinschaft hat Joan ihre Zelte aufgeschlagen. Sie arbeitet für eine Firma die Nachrufe verwaltet und hat sich kürzlich mit einem Hinterbliebenen angelegt, dessen Bemerkungen über seine verstorbene Mutter sie gelöscht hat.
Ida und Reggie wohnen in C6. Sie sind alt und ärgern sich über den Lärm im Haus und über die toten Tiere, die regelmäßig auf ihrem Balkon landen.

Eins höher kämpft Hope um ihre geistige Gesundheit. Sie ist vor kurzem Mutter geworden und hütet ein beschämendes Geheimnis. Außerdem gib es noch einen Teenager in einem der hellhörigen Apartments, der gern irgendwo dazugehören möchte und einen Witwer, der inzischen einen Hass auf Frauen kriegt, vor allem jenen, die ihm auf seinem Datingprofil blöde Bemerkungen hinterlassen.

Keine gute Mischung, keiner ist zufrieden mit seinem Leben und über die Nachbarn wird nur kurz nachgedacht, wenn mal wieder zu viel Lärm herrscht, oder tote Tiere auftauchen.

Das Verhängnis, dass eigentlich schon viel früher in Blandines Leben begonnen hat, nimmt vollen Anlauf... und meint es eigentlich ganz anders.

Die 1993 in South Bend, Indiana (eben jenem Rust Belt) geborene Tess Gunty entwirft mit ihrem Debütroman ein amerikanisches Abbild der Menschen, die die große Mitte der Gesellschaft sind. Gleich der Naiven Malerei, erkennt man klar umrissene Strukturen, plakativ, aber spannend. Sie konzentriert sich dabei mit großer Selbstverständlichkeit auf die Dinge, die in unserer modernen Welt schief laufen. Die schreiend bunten Farben des Hauses auf dem Cover mögen für die unterschiedlichen Dämonen der Bewohner stehen, verdecken aber geschickt die schwarzen Abgründe, die sich (im wahrsten Sinne des Wortes) im Inneren verbergen.

Ein mutiger Mix, von Sophie Zeitz souverän übersetzt, macht Laune, liest sich wie geschnitten Brot und provoziert vielleicht ein offeneres Auge für die eigenen Nachbarn.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 25. Juli 2023 um 07:39

Die eigenen Nachbarn ... sind nicht so durchgeknallt, I hope.