Rezension

Hera Lind mal anders

Gefangen in Afrika - Hera Lind

Gefangen in Afrika
von Hera Lind

Anders als der Titel vermuten lässt spielt die Handlung größtenteils in Deutschland. Trotzdem war "Gefangen in Afrika" ein Buch, das absolut fesselnd und berührend war.

Hera Lind erzählt die Geschichte der Gerti Bruns, die auf wahren Begebenheiten beruht, von der Autorin allerdings mit fiktiven Elementen ausgeschmückt wurde.
Gerti verbringt ihre Kindheit im Kriegs- und Nachkriegsdeutschland im tiefen Schwarzwald. Die Eltern sind arme Bauern und besonders die Mutter ist eine verbitterte Frau, die vom Leben enttäuscht ist. Hunger, Not und Schläge bestimmen den Alltag von Gerti und ihrer Schwester. Mit dreizehn Jahren flüchtet Gerti aus ihrem Elternhaus und nimmt eine Stelle als Haushaltshilfe an. Doch auch von ihren Arbeitgebern wird sie nur gedemütigt und ausgenutzt. Erst als sie körperlich und seelisch völlig am Ende ist, wird sie von ihrem Vater mehr tot als lebendig bei einer entfernten Tante untergebracht. Die Tante kümmert sich rührend um Gerti, päppelt sie wieder auf und zeigt Gerti, dass das Leben auch schöne Seiten zu bieten hat. Bei ihren neuen Arbeitgebern wird Gerti ebenfalls liebevoll aufgenommen und schon bald zeigt Leo, der Sohn des Hauses, ein zartes Interesse an ihr. Nach zwei Jahren intensiven Werbens nimmt Gerti schließlich den Heiratsantrag von Leo an. Leo macht als Sparkassendirektor eine rasante Karriere und schon bald nach der Hochzeit schwelgt Gerti im Luxus. Zwei gesunde Söhne machen das Familienglück scheinbar perfekt. Als Leo schließlich das Angebot erhält als Investor nach Namibia auszuwandern zögert Gerti ihn zu begleiten. Nicht nur die politischen Umstände in Südwestafrika, sondern auch der zunehmende Größenwahnsinn ihres Mannes veranlassen Gerti dazu Leo alleine ziehen zu lassen. Leo scheint auch in Afrika ein glückliches Händchen für Kapitalanlagen zu besitzen, denn bei seinen Besuchen in der Heimat schwärmt er nur so von den dortigen Lebens- und Arbeitsverhältnissen und bedrängt Gerti immer wieder ihm zu folgen. Vier Jahre später hat er mit seinen Überredungskünsten Erfolg und Gerti zieht mit den Kindern nach Namibia. Was sie dort erwartet hätte sie sich allerdings in ihren schlimmsten Träumen nicht ausgemalt und wieder muss sie beweisen wie viel Kraft und Lebensmut in ihr stecken, um sich und ihre Kinder retten zu können.

Die Frauenromane von Hera Lind konnten mich nie wirklich überzeugen. Mit "Gefangen in Afrika" ist der Autorin meiner Meinung nach aber ein ganz besonderes Buch gelungen. Viele der Schilderungen aus dem Lebensweg der Protagonistin scheinen aus heutiger Sicht unvorstellbar. Häufig waren die Darstellungen ebenso grausam wie dramatisch und haben mein Herz berührt. Die Seiten flogen nur so dahin und bis zum Schluss wollte ich unbedingt wissen, wie es mit Gerti weitergeht. Hera Lind begleitet Gerti von ihrer Kindheit bis ins Rentenalter. Die Geschichte hat einen versöhnlichen Abschluss, so dass man als Leser das Buch mit einer gewissen Zufriedenheit beenden kann. Was bleibt ist die Bewunderung für eine so starke Frau, deren Biographie sicher nur stellvertretend für viele andere Frauenschicksale im Nachkriegsdeutschland steht.