Rezension

Hervorragende, detaillierte Biografie, aber schwierig zu lesen

Thomas Mann. Sonderausgabe - Hermann Kurzke

Thomas Mann. Sonderausgabe
von Hermann Kurzke

Bewertet mit 5 Sternen

Großartig, aber schwierig zu lesen: Themen innerhalb der Chronologie, Einsichten in TMs Werk, auch persönliche Meinung des Autors

Vorausgeschickt: Wer sich nur mal kurz über Leben und Werk von Thomas Mann informieren möchte, tut das besser mit einem dünneren, einfacher zu lesenden Bändchen, z.B. mit Hans Wißkirchens 'Die Familie Mann'. Dieses Werk von Prof. Dr. Kurzke ist nichts, um es mal eben von vorne nach hinten durchzulesen. Das hat gleichermaßen inhaltliche und sprachliche Gründe. Man kann einiges nicht verstehen, wenn man die entsprechenden Werke nicht gelesen hat und auch Kurzkes Sprache ist nicht gerade einfach. Es ist sicher ein Buch, dass man immer wieder zur Hand nehmen wird, zum Nachschlagen, wenn man einen Roman oder eine Erzählung von Thomas Mann liest. Dabei hilft ein ausführliches Stichwort- und Personenregister. Es versteht sich von selbst, dass der Autor ausführliche Anmerkungen zu den Quellen angefügt hat.

Jedem Zeitabschnitt vorausgeschickt ist eine kurze Chronologie; innerhalb der Lebensabschnitte geht der Autor thematisch vor. Zwar habe ich nicht alles verstanden (Gründe s.o.), aber dennoch habe ich Einsichten in Leben und Werk von Thomas Mann gewonnen. Deshalb vergebe ich 5 Sterne.

In den thematischen Abschnitten findet man eine Mischung aus Fakten, Meinung des Autors mit den entsprechenden Belegen aus Thomas Manns Romanen, Erzählungen, vor allem aber aus den sehr aufschlussreichen Briefen und Tagebucheinträgen.

So gewinnt man auch als nicht sehr kundiger Leser von Thomas Manns Werken eine tiefe Einsicht in das, was sein Leben bestimmt hat: der ständige Konflikt zwischen Bürgerlichem (vom Vater) und Künstlerischem (von der Mutter), die Entscheidung zum streng Bürgerlichem bis hin zur immer korrekten Kleidung und die lebenslange Unterdrückung seiner homosexuellen Neigungen, was ihn bis zum Lebensende gequält und was er in seinen Werken und anderen schriftlichen Zeugnissen verarbeitet hat. Dabei zog es ihn besonders zu schönen jungen Männern, was bei mir zwar ein etwas ungutes Gefühl hervorgerufen hat, aber auch Hochachtung, dass er sich nie etwas hat zu Schulden kommen lassen.

Thomas Mann hat sich auch hier für das Bürgerliche entschieden, hat eine Familie gegründet und sich lebenslang um seine Kinder gekümmert, zusammen mit seiner hochintelligenten Frau Katia, die ihm ihr eigenes Leben geopfert hat. So finde ich es hervorragend von Kurzke, wie er die Biografie enden lässt:

'Ohne ihren stillen Dienst, ohne die Liebe, mit der sie sein Dasein behütet hat, hätte sein Leben nicht gelingen können.' - "So lange Menschen meiner gedenken, wird ihrer gedacht sein." (Thomas Mann zu Katias 70. Geburtstag)