Rezension

Herzerwärmende Geschichte, jedoch sehr unsensibler Umgang mit Geschlechterstereotypen

Die kleine Hummel Bommel und die Liebe - Britta Sabbag, Maite Kelly

Die kleine Hummel Bommel und die Liebe
von Britta Sabbag Maite Kelly

Herzerwärmende Geschichte mit wichtiger Botschaft. Niedliche Illustrationen. Eine tolle Hauptfigur. Jedoch: Unsensibler Umgang mit Geschlechterstereotypen, Frauen werden als Mütter oder passiv gezeigt, alle Berufe und aktiven Rollen sind männlich besetzt. Dazu mehr beim Unterpunkt: Geschlechterrollen.

Inhalt

Dieses Mal macht sich die kleine Hummel Bommel auf die Suche nach der Liebe. Nach und nach versteht die kleine Hummel, welche unterschiedlichen Formen Liebe annehmen kann und wie schön es ist zu lieben und geliebt zu werden…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #3 einer Reihe, von der es mittlerweile schon vier Bücher gibt
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präsens
Perspektive: aus männlicher Perspektive
Tiere im Buch: Es werden im Buch keine Tiere verletzt.

Warum dieses Buch?

Nachdem ich vom ersten Buch der Reihe so begeistert war, führte natürlich auch an „Die kleine Hummel Bommel und die Liebe“ kein Weg vorbei – bei dem Titel eigentlich klar!

Meine Meinung

Geschichte (+!)

Nach dem enttäuschenden zweiten Band konnte mich hier die Geschichte eindeutig wieder überzeugen. Dieses Mal ist die Geschichte weit weniger sprunghaft – im Gegenteil, Kinder werden keine Probleme haben, ihr zu folgen. Super gefallen hat mir auch, dass hier tatsächlich auf die verschiedenen Arten und Eigenschaften der Liebe eingegangen wurde: Es geht um Geduld, um elterliche Liebe, um die Liebe zu einem Hobby, um die Liebe für einen Freund. Spielerisch bekommen die Kinder ein Gefühl für den abstrakten Begriff Liebe und für die Formen, die diese annehmen kann. Toll!

Sehr gut gefallen hat mir auch, dass Bommel hier im Buch auch eindeutige, klare Schlussfolgerungen zieht, die den Kindern noch einmal den Kern jeder „Lektion“ vermitteln. So müssen kleine Kinder in diesem Alter nicht alle Schlüsse selbst ziehen und verstehen ohne Probleme die wichtige, lehrreiche Botschaft des Buches.

Schreibstil (+)

Auch in diesem Band ist der Schreibstil einfach und angenehm zu lesen, dieses Mal sind mir keine Worte ins Auge gesprungen, die für Kinder schwer zu verstehen sind. Und im Notfall können die Eltern bei Fragen des Kindes ja immer noch erklärend einspringen. Erneut gab es auch wieder sehr kreative Ideen, wie zum Beispiel die Stinkwanze, die mit ihrem Pupsen schon unzählige Pokale gewonnen hat. Herrlich, Kindern wird diese Art von Humor gefallen!

Figuren (+)

Bommel steht auch hier wieder im Zentrum der Geschichte und weiß zu überzeugen, zu begeistern und uns verzückte Laute zu entlocken. Auch die Kleinen werden ohne Frage wieder begeistert sein.
Auch die anderen Figuren erhalten in diesem Buch mehr Substanz. Es erscheint mir so, als hätte man sich für diese Geschichte wieder mehr Zeit genommen, denn es ist zu erkennen, dass die Charaktere sehr liebevoll ausgearbeitet wurden.

Song (+/-)

Auch in diesem Band ist natürlich wieder ein Song dabei, der Eltern und Kinder zum gemeinsamen Mitsingen animieren soll. Dieses Mal fand ich die Melodie des Liedes allerdings etwas weniger eingängig. Allerdings ist der Text wieder schön und passt sehr gut zur Geschichte. Wie gut das Lied kleinen Kindern wirklich gefällt, kann wohl nur individuell herausgefunden werden.

Illustrationen (<3)

Die Illustrationen sind wie immer ein niedlicher Genuss für die Augen, hier gibt es auch dieses Mal wieder nichts auszusetzen. Liebevoll entworfene Figuren und süße Details in den Bildern wissen wieder routiniert zu überzeugen. Frau Tourlonais hat hier ohne Frage viel Herzblut hineingesteckt. Wundervoll! Bücher mit ihren Illustrationen kommen wohl in Zukunft automatisch auf meine Wunschliste.

Geschlechterrollen & Vielfältigkeit (-!)

Auch dieses Mal ist mein größter Kritikpunkt wieder unter diesem Unterkapitel zu finden. Doch zuerst zum Thema der Vielfältigkeit: Hier bin ich wieder zufrieden, weil auch dunkelhäutige Figuren im Buch repräsentiert sind.

Zum Thema Geschlechterrollen: Ich würde mir wirklich wünschen, dass vor allem Kinderbuchautoren und –autorinnen für diesen Aspekt sensibilisiert werden. Hier wäre es meiner Meinung auch die Aufgabe des Verlages, Kinderliteratur in Bezug auf dieses Thema zu prüfen und im Notfall Veränderungen anzuregen, bevor ein Buch in Druck geht. Denn auch hier muss ich wieder die altmodischen Geschlechterrollen kritisieren, denn das Buch ist von einem modernen Rollenverständnis weit entfernt: Frauen werden hier entweder als Mütter oder aber klischeehaft und passiv dargestellt (sie lächeln sanft oder verlegen, klimpern mit den schönen Augen, liegen in der Sonne und polieren ihre Schuhe), während alle Berufe und aktiven Rollen wieder von Männern ausgeführt werden. Männer lächeln übrigens auch nicht verlegen, sondern kratzen sich schön klischeehaft nachdenklich am Bart oder reparieren etwas. Der einzige Lichtblick: Bommels Eltern arbeiten beide im selben Beruf. Als ich das am Beginn des Buches sah, flammte bei mir Hoffnung auf. Doch leider vergebens. Der „Schülerlotse“ ist ebenso männlich wie der Mechaniker, der Pupsweltmeister und der Professor. Was spricht dagegen, eine Professorin ins Buch zu schreiben? Oder eine Mechanikerin? Eigentlich nichts, nur scheint die Autorin des Buches ihre eigenen starren Rollenvorstellungen einfach nicht zu hinterfragen. Auf diese Weise werden diese Geschlechterstereotypen schon jungen Kindern eingeimpft und diese werden sie im Alltag daran hindern, sich zu entfalten und ihren Talenten nachzugehen. Was das betrifft, bin ich erneut SEHR enttäuscht! Ich hoffe wirklich, dass sich die Autorin in Zukunft für dieses Thema sensibilisiert oder dass zumindest der Verlag hier eingreift. Zeigen Sie doch einmal einen Vater, der Zuhause bleibt, während die Mutter arbeiten geht, zeigen Sie eine Professorin oder Ärztin oder Pilotin oder Mechanikerin. Helfen Sie mit, Geschlechterstereotypen den Kampf anzusagen und somit eine Zukunft zu erschaffen, in der es unsere Kinder und Kindeskinder leichter haben, weil nicht versucht wird, sie einzuengen und in Schubladen zu pressen.

Mein Fazit

Nach dem enttäuschenden, letzten Band konnte mich die kleine Hummel Bommel auf ihrer Suche nach der Liebe wieder überzeugen und begeistern. Die Geschichte ist herzerwärmend geschrieben und bringt Kindern die verschiedenen Formen näher, die die Liebe annehmen kann. So entwickeln die Kleinen ein Gefühl für diesen doch so abstrakt klingenden Begriff. Die lehrreiche Botschaft wird durch Bommels klare Schlussfolgerungen den Kindern verständlich vermittelt. Wie immer sind die Illustrationen ein niedlicher Genuss für die Augen: Die liebevoll kreierten Figuren und kleinen Details werden beim gemeinsamen Lesen wieder Groß und Klein verzaubern. Leider gibt es auch in diesem Band wieder das Problem, dass altmodische Rollenbilder vermittelt werden. So werden Frauen entweder als Mütter oder aber als passive oder klischeehafte Wesen gezeigt, alle Berufe sind natürlich wieder rein männlich besetzt. Ich würde mir hier wirklich wünschen, dass sich die Autorin für dieses wichtige Thema und die negativen Auswirkungen von starren Geschlechterstereotypen sensibilisiert oder dass zumindest der Verlag hier eingreift. Zeigen Sie doch einmal einen Vater, der Zuhause bleibt, während die Mutter arbeiten geht, zeigen Sie eine Professorin oder Ärztin oder Pilotin oder Mechanikerin. Helfen Sie mit, Geschlechterstereotypen den Kampf anzusagen und somit eine Zukunft zu erschaffen, in der es unsere Kinder und Kindeskinder leichter haben, weil nicht versucht wird, sie einzuengen und in Schubladen zu pressen. Auf jeden Fall sollten hier die Eltern erklärend eingreifen und mit dem Kind auch über weibliche Mechanikerinnen etc. sprechen, um dem entgegenzuwirken.

Empfehlung: „Die kleine Hummel Bommel und die Liebe“ ist ein Kinderbuch, das eine wichtige Botschaft enthält und für Kinder – wenn von den Eltern aktiv den starren Rollenbildern, die in diesem Buch vermittelt werden, entgegengewirkt wird – sehr empfehlenswert ist.

Bewertung

Idee: 5 Sterne
Geschichte: 5 Sterne
Ausführung: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne
Personen: 5 Sterne
Hauptperson: 5 Sterne ♥
Illustrationen: 5 Sterne ♥
Vielfältigkeit: +
Rollenbilder: -! Frauen werden nur passiv oder als Mütter gezeigt, alle Berufe werden von Männern ausgeübt. Von einem modernen Rollenverständnis ist dieses Kinderbuch weit entfernt. Hier wäre mehr Sensibilität für das Thema dringend (!) angebracht!

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier insgesamt zufriedene Lilien!

Vielen Dank an dieser Stelle dem Ars Edition Verlag und an Netgalley für das Rezensionsexemplar! Dies hat meine Meinung in keiner Weise beeinflusst.