Rezension

Historischer Krimi mit einem wahren Kern

Wolfszeit - Nina Blazon

Wolfszeit
von Nina Blazon

Bewertet mit 4 Sternen

 

Mit „Wolfszeit“ versetzt Nina Blazon uns nach Frankreich, ins Gévaudan (Auvergne) des 18. Jahrhunderts. Dort gab es tatsächlich zu jener Zeit jede Menge ungeklärter Todesfälle. Viele der im Buch vorkommenden Personen sind historisch belegt, die Protagonisten Thomas und Isabelle sind jedoch fiktive Figuren.

Der junge Student Thomas Auvray aus Versailles schließt sich einer Jagdgruppe an, die die Bestie vom Gévaudan erledigen will. Seine Motive sind einerseits naturwissenschaftliche Neugier, andererseits will er einer von seinem Vater arrangierten Vernunftehe entkommen. Von den Jägern wird er jedoch nicht ernst genommen, und so macht er sich auf eigene Faust auf die Suche nach der Bestie, die schon viele Frauen und Kinder getötet hat. Bei seinen Nachforschungen trifft er auf die junge Gräfin Isabelle d’Apcher, die den Angriff der Bestie überlebt hat. Thomas verliebt sich in Isabelle, was aufgrund des Standesunterschieds jedoch hoffnungslos erscheint. Doch auch Isabelle fühlt sich zu Thomas hingezogen. Es ist schön, mit anzusehen, wie sich langsam das Vertrauen zwischen den beiden einstellt.

Der Protagonist Thomas war mir von Anfang an sympathisch. Seine Interessen gelten dem Zeichnen und den Naturwissenschaften. So ist es nicht verwunderlich, dass er ein scharfes Auge und einen scharfen Verstand besitzt und dass er aus kleinen Details die richtigen Schlüsse zieht. Natürlich macht auch er manchmal Fehler und bringt sich dadurch selbst in Gefahr. Auch die übrigen Charaktere sind detailliert ausgearbeitet und erscheinen recht authentisch. Dieser Eindruck wird von eingestreuten französischen und okzitanischen Ausdrücken, die aber auch direkt übersetzt werden, noch verstärkt. Man muss also keinerlei Französischkenntnisse besitzen, beim Auseinanderhalten der verschiedenen Namen könnte es aber von Vorteil sein. Doch gibt es vorne im Buch ein Namensregister, wo man schnell nachschauen kann, wenn man einen Namen nicht mehr im Kopf hat.

Die Geschichte wird größtenteils aus Thomas‘ Sicht erzählt, teilweise aber auch aus der Sicht von Isabelle oder der Opfer. Durch den Perspektivwechsel erhält man als Leser einen umfassenden Eindruck von dem Geschehen. Nina Blazon lässt mit ihrem bildhaften Schreibstil die Figuren zum Leben erwachen und flößt der Landschaft Farbe ein. Ich hatte beim Lesen gar nicht so sehr das Gefühl, ein Buch zu lesen, sondern eher einen Film zu sehen (Nein, ich kenne den Film „Pakt der Wölfe“ nicht!).

Eigentlich mache ich um historische Romane einen großen Bogen, weil sie mich einfach langweilen, doch Frau Blazon hat es geschafft, mich zu fesseln. Zugegeben, den Anfang konnte ich nicht so richtig genießen, dieses ganze Höfische ist nun wirklich nicht mein Ding. Aber sobald es darum ging, die Bestie aufzuspüren, die Morde aufzuklären, herauszufinden, wer wirklich ein Freund ist und wer nicht, da hat mich das Buch gepackt und ich wollte es nicht mehr aus der Hand legen. Da riss die Spannung praktisch nicht mehr ab. Wie von der Autorin gewohnt, wird man auch in diesem Buch wieder auf die ein oder andere falsche Fährte gelockt, um später zu erkennen, dass man sich in einer Figur ganz böse getäuscht hat, oder doch nicht?

Insgesamt hat es mir großen Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen und ich werde es auch sicher mit dem nächsten historischen Roman der Autorin wieder versuchen.