Rezension

Hitchcock-ähnlich

Verdacht ist ein unheimlicher Nachbar - Louise Welsh

Verdacht ist ein unheimlicher Nachbar
von Louise Welsh

Bewertet mit 4 Sternen

Die hochschwangere Jane aus London zieht mit ihrer lesbischen deutschen Freundin Petra zusammen. In Berlin ist alles neu für sie. Sie verbringt die Tage allein in der Wohnung. Das verfallene Hinterhaus zieht sie magisch an. Dort flackerndes Licht, über die Treppe huschende Schatten, lautstarke Streitigkeiten der 13jährigen Anna aus der Nachbarwohnung mit ihrem Vater, Hämatome in deren Gesicht, Gerüchte um die vor Jahren plötzlich verschwundene Mutter lassen in Jane den Verdacht aufkommen, dass Anna von ihrem Vater missbraucht wird. Besessen von der Idee, dem Mädchen zu helfen, mischt sie sich ein und gerät selbst in Gefahr.

 

Das Buch erinnert mich ein bisschen an Hitchcock’s „Rosemaries Baby“. Es handelt sich um einen fesselnden Psychothriller, an dessen Ende der Leser eigentlich ratlos mit der Frage zurückbleibt, ob sich Jane in eine Wahnidee hinein gesteigert hat – begünstigt durch ihre Schwangerschaft, die ihre Sinne empfindlicher macht – oder sie Recht hat mit ihrer Verdächtigung. Die Entwicklung am Ende ist recht dramatisch, gibt es doch eine Reihe von Toten. Die Dramatik der ganzen Geschichte wird durch die Romanfiguren und die gewählte Szenerie unterstützt. Die Figuren sind allesamt seltsam – die ständig abwesende Petra, die Jane nicht wirklich zu lieben scheint; die demente alte Nachbarsfrau; deren Ehemann, der sich zu Annas Beschützer aufschwingt; Annas Vater, der eine Prostituierte geheiratet hat; der Priester von gegenüber. Der Radius, innerhalb dessen die Geschichte angesiedelt ist, ist sehr klein und umfasst eigentlich nur das Wohnhaus mit dem Hinterhaus und den gegenüberliegenden Friedhof. Angesichts bildhafter Beschreibungen lassen sich die Örtlichkeiten gut vorstellen. Novemberkälte und Nebel lassen den Leser erschauern.

 

Ein sehr zu empfehlendes Buch.