Rezension

Horror und Mystery

Die Puppe - Mo Hayder

Die Puppe
von Mo Hayder

Mo Hayders erster Psychothriller „Der Vogelmann“ war ein herausragendes Debüt, und seither habe ich bei jedem danach veröffentlichten Buch der Autorin gehofft, dass sich diese Faszination wieder einstellt. Zwar hatte jedes ihrer folgenden Bücher vielversprechende Ansätze, aber so richtig rund war für meine Begriffe keiner dieser Plots.

DI Jack Caffery hat in „Die Puppe“ einen besonderen Fall zu lösen, denn in der Psychiatrischen Klinik in Bristol gibt es äußerst seltsame Vorfälle, die „Maude“ dem Geist von Beechway, zugeschrieben werden. Angeblich werden Patienten in der Nacht von ihr dazu gebracht, sich selbst schwersten Verletzungen beizubringen, die sogar manchmal, wie bei der Patientin Zelda Lornton geschehen, zum Tode führen können. Die Klinikleitung ordnet für das Personal Stillschweigen zu den Vorfällen an, aber der Pfleger AJ, der sich speziell nach der Entlassung eines verurteilten Mörders große Sorgen um seine Patienten macht, hält sich nicht an diese Vorschrift, sondern bittet Jack Caffery um Hilfe.

Mo Hayders „Die Puppe“ hat mich stark an ihren 2004 veröffentlichten Thriller „Tokio“ erinnert, in dem sie wie hier auch äußerst blutige und unappetitliche Szenen verarbeitet hat, die aus einem Splatter-Movie stammen könnten, denn wenn bereits in der Einleitung von schmatzender Haut die Rede ist, die sich von den Knochen löst, bereitet diese Vorstellung mit Sicherheit dem einen oder anderen Leser ein gewisses Unbehagen. So überwiegen dann auch die Elemente aus dem Horror- und Mysterybereich und drängen die zweifelsfrei vorhandene psychologische Komponente dieses Thrillers in den Hintergrund.

Negativ auf Spannung und Tempo wirkt zum einen auch das ewige Wiederkäuen der alten Fälle und Beziehungen, die Caffery extrem belasten und ihn keine Ruhe finden lassen, zum anderen die unterschiedlichen Handlungsstränge, die lange ohne erkennbare Verbindung nebeneinander herlaufen und erst relativ spät zusammengeführt werden.

Und dennoch, wie bei fast all ihren Thrillern kreiert Mo Hayder eine dunkle Grundstimmung, die den Leser in das Geschehen hineinzieht und gleichzeitig fasziniert und abstößt. Höchst spannend und sehr dicht beschreibt sie nicht nur die Geschehnisse sondern auch die Prozesse, die in den Köpfen und Seelen ihrer handelnden Personen ablaufen und erzeugt so eine ganz besondere Atmosphäre, der man sich als Leser kaum entziehen kann.

Zwar reicht auch „Die Puppe“ nicht ganz an den „Vogelmann“ heran, aber es fehlt hier wahrlich nicht viel.

Gute Neuigkeiten für alle Mo Hayder-Leser: Band 7 der Caffery-Reihe ist vergangenen Monat im Original unter dem Titel „Wolf“ erschienen - wir dürfen gespannt sein!

Kommentare

Philipp Buschatz kommentierte am 01. Juni 2014 um 18:01

"Negativ auf Spannung und Tempo wirkt zum einen auch das ewige Wiederkäuen der alten Fälle und Beziehungen, die Caffery extrem belasten und ihn keine Ruhe finden lassen, zum anderen die unterschiedlichen Handlungsstränge, die lange ohne erkennbare Verbindung nebeneinander herlaufen und erst relativ spät zusammengeführt werden."

Das war meine erste Mo Hayder, kannte die alten Fälle noch nicht. Ich fand diese Nebenstränge jedenfalls ebenfalls extrem spannend. Aber gut möglich, dass die mich gelangweilt hätten, hätte ich die anderen Mo Hayder-Bände schon gelesen. 

Da ich die Geschichte mit der Polizeitaucherin noch nicht kannte, hat das echt noch mal zusätzliche Spannung erzeugt, weil ich noch gar nicht wusste, was es mit dieser versteckten Leiche auf sich hat.