Rezension

Ich und Monsieur Roger

Ich und Monsieur Roger - Marie-Renée Lavoie

Ich und Monsieur Roger
von Marie-Renée Lavoie

Bewertet mit 4 Sternen

Wer Spannung erwartet und eine Geschichte, die auf einer wirkliche Handlung basiert, ist bei diesem Roman vollkommen falsch. Er erzählt nämlich weniger direkt eine Geschichte, als das man mehr oder weniger an dem Leben der kleinen Hélène teil, die einem auf eine überraschend reife und erwachsene Art und Weise, die Zeit von ihrem achten bis elfen Lebensjahr berichtet.

Ich war ehrlich sehr überrascht, wie reif dieses kleine Mädchen mit ihren acht Jahren doch wirkt. Auch, wenn es vielleicht gar nicht mal so seltsam ist, wenn man bedenkt, unter welchen Umständen sie aufwächst. In eher ärmlichen Verhältnissen, beschließt Hélène schon in so jungen Jahren, dass sie ihrer Familie irgendwie unter die Armen greifen muss und anstatt an diesem Los zu zerbrechen, wirkt das Mädchen, wie es die Geschichte erzählt, zwar extrem reif für ihre jungen Jahre, jedoch glücklich mit ihrem Leben, auch wenn es sehr einfach und manches Mal auch sehr hart ist. Und es ist einfach auf eine wunderschöne Art beschrieben, wie sich Hélène mit ihrem Leben arrangiert, sich auch manches Mal wegträumt, sich dabei auch ein bisschen anders wünscht, als sie es jetzt ist, hat man es doch gefühlt als Junge leichter im Leben und wie sie sich dabei auch noch liebevoll um ihre Geschwister kümmert, denen teilweise Unglaubliches geschieht, bei dem man sich wirklich manchmal fragt, wie so etwas nur passieren kann, in der Zeit, in welcher die Geschichte spielt.

Wobei ich dazu gleich zwei Dinge anzumerken habe. Zum einen hat es mich doch arg gewundert, dass die Geschichte in den 80er Jahren spielt, denn irgendwie war für mich die Stimmung so ganz anders, als wäre es noch länger her, sowie ich auch nie darauf gekommen wäre, dass die Geschichte in Kanada angesiedelt ist und nicht in Frankreich. Einzig wohl die Verbindungen, die Hélène zu einer Fernsehserie zog, haben die Geschichte für mich ein wenig mehr in moderneren Zeiten verankern können. Zum anderen sprang mir die Geschichte manchmal dann doch ein kleines bisschen zu sehr, so dass ich Geschehnisse ein wenig ruckartig eingestreut fand, die großartig aufgebaut wurden und dann war man relativ schnell plötzlich an einer anderen Stelle im Zeitstrahl und alles wirkte ein wenig punktuell auf Dinge ausgerichtet, von denen man dann weiter sprang, mit den einzigen Konstanten gebildet aus der Fernsehserie, die Hélène die ganzen Jahre begleitet, wie auch ihrer so andersartigen Freundschaft zu dem alten Monsieur Roger.

Wobei ich gerade auch die Charakterisierung von Monsieur Roger einfach sehr spannend fand, da er ein sehr facettenreicher Mensch war, den man nie wirklich einschätzen konnte, der einem während der Lektüre, ebenso wie er es bei Hélène schafft, einem ans Herz wächst.

Es ist einfach eine eher ruhige und bedachte Geschichte, die einem eher etwas vom Leben und einem kleinen Mädchen erzählt, das früh erwachsen werden musste und wie sie es dabei schafft in ihrem Leben trotzdem glücklich zu bleiben, schwere und schlimme Passagen zu überstehen und dabei, unterstützt durch den Gedanken an einen alten Herren und eine Fernsehserie, nie den Mut verliert, weiter zu machen und nicht aufzugeben. Ich glaube zwar, dass die Geschichte aufgrund ihres Naturells nicht für jeden etwas ist, da sie im Vergleich zu vielen Erzählungen, die sehr auf Handlungen basieren, einfach eher wenig zu bieten hat und für solche Leser wohl einfach absonderlich und vielleicht auch einfach langweilig sein könnte, jedoch ist es, wenn man sich auf solche Erzählungen einlassen mag, eine schöne Geschichte, die mir noch so einiges Neues aufgezeigt hat.