Rezension

Informativ und kurzweilig - nicht nur für Mozart-Fans

Auf einen Kaffee mit Mozart
von Julian Rushton

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Musikliebhaber aus England trifft in einem Wiener Kaffeehaus zufällig auf den berühmten Komponisten und lädt ihn auf einen Kaffee und zum einem Gespräch über seine Musik ein.

In diesem fiktiven Gespräch fasst der Mozart-Experte Julian Rushton unterhaltsam Ergebnisse der aktuellen Mozart-Forschung zusammen. So etwas kann durchaus schief gehen; es ist eigentlich kaum vermeidbar, dass solche Dialoge etwas gestelzt wirken - es gelingt dem Autor hier aber tatsächlich, genau dies zu vermeiden. Abgesehen davon, dass er gut informiert ist - sein Mozart redet unspektakulär normal und natürlich. Nebenbei räumt Julian Rushton mit einer Reihe von Mozart-Klischees auf (zum Beispiel der angeblichen Erzfeindschaft Salieris) und vermittelt eine Menge Wissenswertes über Mozarts Kompositionsweise. Man beginnt, diesem Menschen Mozart gerne zuzuhören, mit seinen Ecken und Kanten, seinem Humor, seiner Ernsthaftigkeit, und man kann sich vorstellen, dass das Gespräch so oder ähnlich wirklich stattgefunden haben könnte.
Durch alle Gespräche hindurch schimmert Mozarts ständige prekäre wirtschaftliche Situation und sein kritischer Gesundheitszustand - der Autor datiert das Gespräch auf einen seiner letzten Lebenstage.

Rushton hat das Gespräch in verschiedene Themen gegliedert (Mozart der Mensch - Mozart und seine Zeitgenossen - Ein ganz normaler Ehemann - Der Komponist bei der Arbeit etc.), denen er jeweils ein paar Sätze mit ergänzenden historischen Fakten voranstellt, was hilfreich ist und im Prinzip den Lesefluss nicht stört. Allerdings - es bleibt nicht bei diesen Mini-Vorwörtern. Viele Köche verderben den Brei - und viele Vorwörter die Leselust - deswegen hätte ich es sinnvoll gefunden, die drei anfänglichen und immerhin 27 Seiten füllenden Vorworte lieber als Nachworte anzufügen. Ich habe sie erst einmal übersprungen, als ich mit der Lektüre begann. Dies kann ich auch jedem anderen Leser nur empfehlen. Vor allem die spirituell-mystische Sichtweise des Sir John Tavener auf den Komponisten ist zwar ein interessantes persönliches Statement eines großen Künstlers, kann aber den Leser auch ganz gut verschrecken, so dass er gar nicht erst zum eigentlichen Inhalt vordringt, sondern das Buch irritiert zur Seite legt.
Diesem ersten Vorwort folgt eine Einführung des Autors, sowie eine Kurzbiographie des Komponisten. Beide sind lesenswert, aber besser hinterher.

Ein sehr kurzweiliges und interessantes Buch. Auch das kleine Format ist praktisch, für die Westen- oder Handtasche, für unterwegs oder zwischendurch bei Starbucks - auf einen kleinen Kaffee mit Mozart eben.