Rezension

Inspirierende Lebenshilfe

Das Esel-Prinzip -

Das Esel-Prinzip
von Rachel Anne Ridge

Bewertet mit 3.5 Sternen

Als Therapie gegen das alles verschlingende Rasen des Zeitgeists empfiehlt Rachel Anne Ridge, sich kein Rennpferd zum Vorbild zu nehmen - sondern einen Esel.

Der Ansatz hat etwas. Beginnend mit ihren beiden sympathischen Eseln Flash und Henry, die eines Tages das Gartentor offen finden und neugierig und furchtlos hinausstürmen, anstatt ängstlich zu überlegen, ob das verboten sein könnte, führt uns die Autorin in kurzweiliger Schreibart durch die Welt der Esel, von denen man erstaunlich viel lernen kann. Esel sind bescheiden, widerstandsfähig und können schwieriges Gelände meistern, und, vor allem: sie sind eigensinnig. 

„Den Herausforderungen des Lebens durch Resilienz und innere Stärke die Stirn bieten“ - so die aussagekräftige Zielsetzung auf dem Cover. Das interessierte mich sehr. Im Laufe der Lektüre stellte ich allerdings zwei Dinge fest: zum einen, dass ich offensichtlich eine ganze Menge dieser Resilienz schon besitze, zum anderen, dass ganz unmerklich eine thematische Verschiebung stattfindet. Die Kreativität und Resilienz eines Esels als Vorbild zu nehmen, ist eine wunderbare Idee, aber die Erfolgsgeschichten à la American Dream, die weiter hinten im Buch dominieren, führen meinem Empfinden nach ein wenig weg von Kern der Sache. 

Ein echtes Plus ist die Aufmachung mit den wunderschönen auflockernden linolschnittartigen Illustrationen, von der Autorin selbst beigesteuert. Die schön gestaltete Aufteilung in große Kapitel und kurze Unterkapitel trägt ebenfalls zur angenehmen Lesbarkeit bei. Die Erzählungen sind kurzweilig, und die verschiedenen Esel-Episoden haben immer wieder überraschende Aha-Effekte. Am Ende jedes Unterkapitels wird man anhand von Fragen zur Mitarbeit aufgefordert, und es gibt Leerzeilen, um eigene Antworten zu notieren. Nicht alle Fragestellungen passten genau auf meine persönliche Situation, und mit den meisten Konjunktiv-Fragen konnte ich nicht so viel anfangen, trotzdem habe ich mich an einigen Stellen auf die Fragen eingelassen, was im Nachhinein für mich persönlich durchaus aufschlussreich war. 

Trotz meiner Enttäuschung darüber, dass der Inhalt des Buches teils in eine andere Richtung ging, als ich erwartet hatte und an einigen Stellen inkonsequent und schwammig wurde, war das Lesen für mich insgesamt ein Gewinn. Und nicht zuletzt sind es die Esel selbst, die das Ruder immer wieder herumreißen und das Buch retten: allein aus den vielen schön zusammengestellten Esel-Episoden und ihren beschriebenen Verhaltensweisen kann man viel Weisheit und Inspiration ziehen. 

Esel sind sehr einfallsreich. Ein Esel kann alles, was er braucht, an den unwahrscheinlichsten Orten finden. [...] Seinen "inneren Esel zu umarmen" bedeutet, dass auch du die Herausforderungen im Leben meistern kannst - auch wenn du dafür ein paar Büsche auseinanderziehen musst.