Rezension

Intensiv, fesselnd und verstörend

Still - Zoran Drvenkar

Still
von Zoran Drvenkar

Bewertet mit 4.5 Sternen

4,5 Sterne

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich für dieses Buch die richtigen Worte finden kann.
Anfangs hatte ich noch einen recht konfusen Eindruck, denn der Autor erzählt aus drei Perspektiven.

ICH - ist der Protagonist, der Vater, dessen Gedanken nur von Rache beseelt sind

DU - das Mädchen, dass sich in der Stille verloren hat und

SIE - die jeden Winter aufs Neue auf die Jagd gehen

Erst nach und nach kristallisiert sich heraus, was sich hinter ihnen verbirgt, auch wenn man recht schnell ahnt, um was es geht, verdichtet sich nach und nach das Grauen, das diese Menschen erlebt haben und selbst entfesseln.
Auch der Schreibstil war für mich gewöhnungsbedürftig und sehr schwer zu beschreiben - einerseits nüchtern, ja distanziert, aber gerade dadurch wird eine extrem fesselnde und verstörende Atmosphäre geschaffen, der man sich kaum entziehen kann.
Ich war immer wieder nah dran, das Buch wegzulegen und abzubrechen, weil ich über diese kühle Brutalität nicht mehr weiterlesen wollte; ich den Sinn dahinter gesucht und nicht gefunden habe. Aber meine Neugier hat mich immer weiter durch die Seiten geschleift um zu verstehen, was all diese Menschen antreibt.

Der Winter, der Schnee, das Eis; und Männer, die es mit der Grausamkeit der Natur aufnehmen und Gott spielen. In einer so verstörenden und gleichzeitig für sie ganz natürlichen, alltäglichen Art und Weise, dass einem davon beim Lesen ganz anders wird. Mir ging auch ständig durch den Kopf, wie einem nur sowas Krankes einfallen kann und ob dieses heikle Thema der Misshandlung von Kindern in dieser Form Ausdruck verliehen werden "darf". Normalerweise lese ich sehr ungerne darüber und ich hatte nicht vermutet, dass dieses Buch auf so drastische Art darauf eingeht. Wer damit nicht klar kommt, sollte vielleicht die Finger davon lassen.

Ich hab in anderen Rezensionen gelesen, dass für einige die Wendungen gegen Ende und der Schluss unglaubwürdig waren. Dem kann ich mich nur bedingt anschließen, denn während dem Lesen war ich so von der Szenerie gefangen, dass ich darüber gar nicht nachgedacht hab. Jetzt im nachhinein könnte man darüber "streiten", aber da ich beim Lesen dieses Gefühl nicht hatte, kann ich dem nicht zustimmen.

Die Bewertung fällt mir hier etwas schwer, da ich einfach mit dem Thema gehadert habe ... aber die Umsetzung war wirklich extrem gut und Zoran Drvenkar hat hiermit ein sehr beklemmendes, und außergewöhnliches Werk geschaffen.

Fazit

Ein sehr beklemmender und drastischer Thriller, der mit seiner subtilen Grausamkeit gleichzeitig Abscheu entwickelt, aber auch einen Sog, der mich nicht mehr losgelassen hat. Ein sehr intensives Leseerlebnis.

© Aleshanee
Weltenwanderer