Rezension

Interessante Charakterstudie

Das Haus der Stufen - Barbara Vine

Das Haus der Stufen
von Barbara Vine

Bewertet mit 4 Sternen

Elisabeth hat sich die ruhige, liebevolle und freigiebige Cosette als eine Art Ersatzmutter auserkoren. Schon in Teenageralter verbrachte sie mehr Zeit bei ihr, als bei ihren Eltern. Nach dem Tod ihres Mannes krempelt Cosette ihr Leben um, strebt nach einem zweiten Frühling und umgibt sich mit jungen Leuten, die nicht selten mehr von ihrer Großzügigkeit und ihrem Geld angezogen werden, als von ihrer Person. Elisabeth ist – obwohl sie Cosette sehr liebt – etwas blind für diesen Umstand. Vor allem als die mysteriöse Bell zu ihr und Cosette ins Haus der Stufen einzieht hat sie nur noch Augen für diese schwer greifbare Person. Auch als mehr und mehr von Bells zwielichtiger Vergangenheit ans Licht kommt, kann sie nicht von ihr lassen.

Barbara Vine versteht sich auf komplexe Charaktere. Und ihren drei Hauptfiguren Elisabeth, Bell und Cosette merkt man das auch an! Alle Zweifel, alle Veränderungen die sie durchlaufen und ihre Beweggründe sind plastisch dargestellt und sorgen für Leben im Roman. Besonders interessant fand ich, wie Elisabeth als erwachsene Frau auf ihr jüngeres Ich zurückblickt, Dinge in einem anderen Licht sieht, Fehler erkennt und trotz allem nicht aus ihrer Haut kann. Auch Cosette fand ich großartig.

Vine lässt den Leser recht lange zappeln und füttert ihn mit einer Menge Andeutungen bevor sie auf den eigentlichen Kern der Erzählung zu sprechen kommt. Einerseits ist das spannend und ich wurde von der Auflösung überrascht. Andererseits sorgt das für die eine oder andere Länge.

Wer Romane mit vielschichtigen Figuren, Geheimnissen und emotionale Verstrickungen mag, die das ein oder andere Krimielement haben, der kann bei Vine ohne Bedenken zuschlagen. Atemlose Spannung darf man nicht erwarten aber eine interessante Geschichte bei der man am Ende nicht weiß ob man nun Mitleid oder Zorn empfinden soll, für seine Erzählerin...