Rezension

Interessante Einblicke in die Arbeit verdeckter Ermittler

Undercover - Jörg Diehl, Roman Lehberger, Fidelius Schmid

Undercover
von Jörg Diehl Roman Lehberger Fidelius Schmid

Der Fall Anis Amri ist überall bekannt. Viel wurde in den verschiedenen Medien berichtet, auch von einer Kette unheilvoller Zusammenhänge und Abläufe bei der Überwachung, die dem Attentäter vom Breitscheidplatz sein Werk zur Vollendung bringen ließen. Immer wieder gestellt wurde die Frage: Hätte dieser Anlag, der Menschen das Leben kostete, verhindert werden können? Einen Blick hinter die Kulissen in Bezug auf die Identifizierung und Beschattung -nicht ausschließlich im Fall Amri- gestattet das vorliegende Buch dreier Journalisten der Zeitschrift "Spiegel".

Mittelpunkt der Story ist ein äußerst erfolgreich agierender verdeckter Ermittler (V-Mann), aus der Türkei stammend, in Nordrhein-Westfahlen lebend. Jörg Diehl, Roman Lehberger und Fidelius Schmidt berichten über das private und "berufliche" Leben des V-Manns, der im Buch den Namen Murat Cem trägt. Privat immer wieder gescheitert, selbst auf kriminellen Pfaden, werden polizeiliche Ermittler auf ihn aufmerksam, beschäftigen ihn zunächst mit kleinen Ermittlungen als Helfer und V-Mann und entdecken dabei sein Talent. Murat erkennt seine Fähigkeit und wird ehrgeizig. Seine ermittlerischen Tätigkeiten bringen ihn auch mit Anis Amri zusammen, den Amok-Fahrer, der einen LKW in den Weihnachtsmarkt des Berliner Breitscheid-Platzes lenkte und dabei deutlich werden ließ, dass die terroristische Gefahr auch in Deutschland lauert.
Murat Cem verflucht den Tag, an dem er Anis Amri kennenlernte und er hadert mit der Tatsache, dass man ihm zu früh von seiner Fährte abzog. Hätte er mehr tun können?

Murat Cem ist alles andere als ein unkomplizierter Charakter. Ein Einzelgänger, so beschreiben ihn die Autoren dieses Buches. Sie werfen ein Licht auf sein Leben als Privatperson und als einer der besten V-Leute, die es bislang gegeben hatte. Seine Emotionen und sein Gefühlsleben werden eindrucksvoll beleuchtet. Ja, insgesamt darf man dies Buch als eine packende und gut geschriebene Lektüre bezeichnen. Offenbar werden die Koordinationsschwierigkeiten im Räderwerk der nationalen (und erst recht dann wohl internationalen) Sicherheitsbehörden. Keine neue Erkenntnis, denn dies wurde gerade in Bezug auf den Fall Anis Amri bereits des Öfteren moniert. Dennoch: hier wird im Detail und in der Tiefe recherchiert und beschrieben. Verbesserungen tun Not - das kann als Fazit auch aus den Erkenntnissen des vorliegenden Buches festgehalten werden.
Der "Abschied" von der Hauptperson dieses Buches fällt fast ein wenig schwer, zu gut hat man ihn kennengelernt, wenngleich sein Handeln nicht immer vorbildhaft erscheint. Es zeigt, in welcher "Zwickmühle" sich selbst erfolgreich agierende V-Leute begeben und auch, dass ihr Tun nicht mit letzter Konsequenz gewürdigt wird.