Rezension

Jagd ist Jagd, oder?

Killgame - Andreas Winkelmann

Killgame
von Andreas Winkelmann

Bewertet mit 4 Sternen

Nia ist endlich 18 Jahre alt und kann es kaum erwarten, ihr Elternhaus zu verlassen, denn ihre Mutter starb, als sie noch klein war und ihr Vater ist seit dem nicht mehr er selbst und dem Alkohol verfallen. So verschwindet Nia eines Tages mit ihrem Rucksack bepackt und niemand weiß, wo sie hin ist. Sie gerät in Schwierigkeiten, aus denen sie von dem jungen Italiener Franco gerettet wird. Die Beiden kommen sich näher, doch auch Franco kann Nia nicht die Freiheit geben, die sie sich wünscht. Als sie dann den 70 jährigen Walter Busch kennenlernt und dieser ihr von seinem Haus in Kanada erzählt, gibt es für Nia kein Halten mehr. Sie bietet Walter, der in Kanada alleine nicht mehr zu Recht käme, ihre Hilfe an und Walter geht darauf ein. Kurzerhand bucht er für Nia, Franco und sich selber Flugtickets, um dem tristen Deutschland zu entfliehen. Doch Franco taucht nie am Flughafen auf und so begibt sich Nia allein mit Walter auf Reisen.
Unterdessen sucht ihr Onkel Dries Torwellen, der sein Geld mit dem Aufspüren Verschwundener verdient, verzweifelt nach seiner Nichte, denn er spürt, dass Nia in Gefahr ist.

Meine Meinung:

Dieser Thriller ist in vier Teilen aufgeteilt, beginnt allerdings eher ruhig, mit vielen Hintergründen und einem recht genauem Kennenlernen der jungen Nia. Doch schon im ersten Teil des Buches gab Winkelmann mir einige Rätsel auf, für die ich keinerlei Erklärung fand. So beginnt es eher mit einer unterschwelligen Spannung, denn ich verspürte immer wieder dieses, da ist doch was, was kommt denn da? Außerdem hat man ja, dank dem Klappentext, eine Ahnung, was in Kanada wirklich passieren wird und möchte Nia am liebsten warnen, mit Walter das Flugzeug zu betreten. 
Winkelmann hat seinen Thriller sehr durchdacht aufgebaut, denn ab dem zweiten Teil steigert sich die Spannung kontinuierlich. Seinen Schreibstil fand ich schon immer aussergewöhnlich, denn hier muss man schon sehr genau aufpassen, manchmal muss man auch zwischen den Zeilen lesen. Die wechselnden Perspektiven gaben mir immer genügend Einblicke, wie sich die Charaktere entwickeln. Was mir persönlich nicht so gut gefallen hat, waren die Bezüge zum Mystischen. Denn Dries Torwellen war der Zwillingsbruder von Nias Mutter und dieser glaubt an einen Zwillingskult der Yoruba aus Westafrika. Dieser Kult besagt, dass die Seele eines Zwillings gespalten ist und man die Seele des verstorbenen Zwillings in einer Holzfigur ere ibeji, bei sich tragen soll, damit man im Geiste verbunden bleibt. Gut, an so etwas glaube ich nicht und das waren Passagen, die mir nicht so gefielen und die dementsprechend auch unglaubwürdig für mich blieben.
Die Charaktere hingegen hat Winkelmann glaubwürdig dargestellt. So merkt man der jungen Nia einfach ihre Unerfahrenheit und der damit verbundenen Naivität sehr gut an. 
Die vier jungen Spieleentwickler waren auch extrem gut ausgearbeitet, so konnte ich mir einfach zu gut vorstellen, dass diese vom Erfolg verwöhnten, neu reichen, jungen Menschen auf der Suche nach Nervenkitzel völlig aus ihren Fugen geraten.
Die Betreiber der Jagd haben mir Gänsehaut gemacht, denn ich kann mir schon vorstellen, dass so etwas durchaus möglich sein kann.
Und dann ist da noch Dries Torwellen, der sich auch nach elf Jahren noch Selbstvorwürfe bezüglich des Todes seiner Zwillingsschwester macht und seinen Frieden erst in der Zwillingskultur gefunden hat. 
 
Mein Fazit:

Ein überaus gelungener Thriller, der alles beinhaltet, was ein Pageturner für mich haben muss. Auch wenn es ein wenig zäh beginnt, verspürte ich doch unterschwellige Spannung und war neugierig genug weiter zu lesen. Da das Übersinnliche nicht ganz so mein Fall in diesem Zusammenhang ist und es einfach auch etwas gedauert hat, bis es richtig flüssig und spannend wurde, bekommt der Thriller 4 Sterne!