Rezension

Jedes Kind ein Wunschkind

Frag nach Jane -

Frag nach Jane
von Heather Marshall

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Das Buch handelt von vielen verschiedenen Frauen, die sich auf die eine oder andere Weise mit Mutterschaft auseinandersetzen müssen. Im Vordergrund stehen dabei drei Frauen: Evelyn, die ihre Kind in einem Entbindungsheim zur Welt bringen und dann zur Adoption freigeben soll. Nancy, die ungeplant schwanger wird. Und Angela, die sich nichts sehnlicher wünscht als endlich schwanger zu werden. Neben ihnen stehen jedoch unzählige andere Frauen, die mal mehr und mal weniger Raum im Buch bekommen und die sich alle für oder gegen eine Schwangerschaft, für oder gegen das Muttersein entscheiden.

Stil:
Der Schreibstil ist sehr gut. Er ist sehr einprägsam und trotz der vielen Personen, kommt man immer wieder leicht in die Hauptfiguren rein und behält auch über die Nebenfiguren den Überblick. Das Buch ist sprachlich leicht zu lesen. Die Sprache bringt trotz des schweren Themas eine gewisse Leichtigkeit in den Lesefluss. Schön finde ich vor allem, dass die Autorin sich nie in langen Beschreibungen verliert, aber trotzdem mit allen Sinnen arbeitet und einprägsame Bilder erschafft.

Die Figuren:
Es geht vorrangig um Frauen und jede von ihnen ist eine vollständige, lebendige Person, in die man sich als Leser leicht hineinversetzen kann. Jede von ihnen lebt in einer anderen Situation. Jede hat eine andere Vorstellung von Moral. Andere Wünsche, Probleme und Hoffnungen. Die eine wird ungewollt als Teenie schwanger. Die andere kann nicht schwanger werden. Der nächsten wird ihr Kind weggenommen. Die übernächste sucht ihres verzweifelt. U.s.w. Mit jeder dieser Figuren geht die Autorin wundervoll um. Ich konnte mich in sie alle hineinversetzen. So gut, dass ich zwischendurch Pausen zum Durchatmen brauchte.

Geschichte:
Es handelt sich um einen Roman, der nicht nur Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema lenkt, sondern auch gut unterhält. Der Roman ist spannend geschrieben und ich hatte mit der Wendung am Ende nicht gerechnet. Alle Fäden laufen am Ende zusammen und die Geschichte ist rund. Mehr kann ich dazu nicht sagen, ohne zu spoilern.

Aussage und historischer Hintergrund:
Aus dem Roman ergibt sich, dass die Autorin Pro-Choice ist. Diesen Standpunkt vertritt sie ausdrücklich im Nachwort. Ihre Schlussworte haben mich noch einmal sehr berührt und ich finde gut, wie klar sie sich positioniert. Außerdem erklärt sie im Nachwort, welche historischen Ereignisse wahr sind und was ihrer Fantasy entsprungen ist. Ohne viel über Kanadas Weg zum Recht auf Abtreibung zu wissen, hatte ich durchgehend das Gefühl, dass das Buch sehr gut recherchiert ist. Jedes Wort ist glaubhaft und überzeugend. Und soweit ich das aus dem Nachwort und ein wenig Google-Recherche schließen kann, hat die Autorin wirklich beeindruckende Recherche-Arbeit geleistet.

Insgesamt:
Ich empfehle das Buch zu 100 Prozent weiter. Und um der üblichen Abwehrhaltung mancher Menschen, wenn es um Abtreibungen geht, direkt vorzubeugen: Das Buch beschönigt Schwangerschaftsabbrüche nicht. Es stiftet nicht dazu an. Es geht auf den Schmerz, auf die Folgen, auf die Probleme ein. Aber eben auch auf die Situation der Frauen. Auf die Folgen einer ungewollten Schwangerschaft und auf das Recht am eigenen Körper. Das Buch ist auf jeden Fall eine Bereicherung und trägt hoffentlich dazu bei, dass wir alle besser miteinander umgehen und weniger verurteilen.