Rezension

Jugendthriller mit schöner Sprache

Stille Feindin - Alexandra Kui

Stille Feindin
von Alexandra Kui

Bewertet mit 4.5 Sternen

Als Tami und Farina sich begegnen, ist es Freundschaft auf den ersten Blick. Doch hinter der schönen Fassade verbirgt Farina eine düstere Vergangenheit und Tami eine komplizierte Familiengeschichte. Als Farinas Vergangenheit sie einzuholen droht, scheint eine Katastrophe unvermeidlich.
In diesem Buch werden die Dinge beim Namen genannt - Jugendkriminalität, falsche Freundschaften, Rachsucht, Einsamkeit und die erste große Liebe mal nicht aus der verklärt nostalgischen Erwachsenensicht, sondern mit aller Bedrohlichkeit, die ein Teenager erleben kann.

Cover:

Normalerweise ist pink nicht wirklich meine Farbe, aber das rosa Plastikmädchen mit dem Häschen inmitten der Blumenranken fand ich gut gewählt. Wer das Buch liest, stellt bald eine Verbindung zwischen dem Cover und den Protagonistinnen her und kann das Cover als Teil der Geschichte deuten. Farina hasst Rosa - doch sie muss das Mädchen mit dem Hasen sein. Tami mag Schlichtheit - und das Cover ist zwar dekorativ aufbereitet, bleibt dabei jedoch schlicht und wirkt nicht überladen. Für ein Taschenbuch war das Cover auch sehr hochwertig, die Blumenranken und das Mädchen sind mit Folie beschichtet, sodass das Büchlein griffiger wird und gut anzufassen ist.
So wirkt das Buch nach dem ersten Lesen nicht, als wäre es schon fünfzig mal durchgeblättert worden und ist eine Weile haltbar. Zumindest mir ist das immer sehr wichtig :).

Inhalt:

Für mich ein sehr glaubwürdiges Buch. Die Protagonistinnen sind beide nicht perfekt, haben ihre Ecken und Kanten, ihre guten und schlechten Seiten. Auch die Umgebung wirkt lebensecht, Menschen statt Schablonen. Das wirkte sich maßgebend auf den Inhalt aus - sowohl Farinas Zerrissenheit und ihre daraus folgenden sprunghaften Handlungen als auch Tamis Naivität und Gutgläubigkeit stimmten innerhalb ihres Umfelds.
Dabei geschieht der Spannungsaufbau langsam, kaum merklich. Der Fokus liegt überwiegend auf den inneren Problemen und seelischen Nöten der Protagonistinnen. Doch die im Hintergrund aufgebaute Spannung macht sich im letzten Viertel des Buches bemerkbar und liefert einen Showdown, der es in sich hat.
Auch wenn immer wieder aus mehreren Perspektiven berichtet wird und die Handlungsstränge sich permanent kreuzen, empfand ich das Buch als gut lesbar und hatte keine Probleme, der Handlung zu folgen. Im Gegenteil, ich mag Bücher, die so aufgebaut sind. Das ist aber vermutlich Geschmacksache - ich mag es, andere mögen es weniger.
Besonders muss ich hervorheben, wie die Autorin mit Gefühlsräumen umgeht - die Landschaft als Abbild der Seele findet sich nur in wenigen modernen Romanen - in Jugendbüchern fast noch seltener als sonst. Ein gewagter Schritt, der bei mir gut angekommen ist.

Sprache:

Hier muss ich leider Abzüge für Satzfehler geben, die mich immer wieder aus dem Lesefluss gehauen haben. In meiner Ausgabe waren an manchen Stellen Tami und Farina vertauscht und es fehlten immer wieder Präpositionen. Natürlich kann die Autorin nichts dafür, aber ein Buch ist für mich ein Gesamtprodukt von Autor und Verlag - wenn also von Verlagsseite Fehler gemacht wurden, muss ich das bei der Gesamtwertung berücksichtigen.
Abgesehen davon jedoch besticht die Sprache für mich durch eine Mischung aus Schonungslosigkeit (es fallen einige für ein Jugendbuch sehr derbe Ausdrücke) und Poesie (mein Favorit ist hierbei die zartkalte Berührung). Die Sprache nahm mich schnell gefangen und erleichterte mir den Einstieg in das Buch auf jeden Fall maßgeblich. Allein aufgrund der Sprache würde ich auf jeden Fall auch weitere Bücher der Autorin lesen wollen :).

Fazit:

Für mich ein toller Roman mit authentischen Figuren, einer deutlich spürbaren Charakterentwicklung und einer sehr schönen Sprache. Auch wenn ich keine Thrillerkennerin bin, war für mich alles dabei, was hineingehört: Spannung, nervenaufreibende Psychospielchen und ein rasanter Showdown.
Von mir gibt es daher auf alle Fälle eine Leseempfehlung.