Rezension

Konnte mich nicht packen

Die Begehrte - Eleonoras geheime Nächte - Sara Bilotti

Die Begehrte - Eleonoras geheime Nächte
von Sara Bilotti

"[Eleonora] kam sich vor wie eine verirrte Biene, die ihren Stock nicht mehr fand und an alle Pforten klopfte, in jedes Loch und jede Spalte zu schlüpfen versuchte und dabei hoffte, sich das Leben der anderen anzueignen." (Seite 61)

Arbeitslos und frisch getrennt nimmt Eleonora das Angebot ihrer Freundin Corinne an, zu ihr in ein idyllisches Landgut in der Toskana zu ziehen. Vier Jahre lang haben sich die beiden nicht gesehen, doch die Erinnerung daran, wie es ist in Corinnes Schatten zu stehen, ist noch genauso frisch wie damals. Eleonora fühlt sich nicht wohl in diesem Landhaus und sie macht keine Anstalten, auf Corinne zuzugehen. Dafür ist sie umso erfreuter über die Aufmerksamkeit von Alessandro, Corinnes Freund. Und von Emanuele, Alessandros Bad-Boy Bruder. Und hier beginnt ein klassisches Love Triangle. 

Eleonora (auf Dauer gingen mir diese langen Namen, die nie abgeküzt werden, gehörig auf die Nerben) wirkt auf mich sehr gefühlskalt und was sie für die beiden Brüder empfindet scheint rein erotischer Natur zu sein. Trotzdem ist das hier - obwohl das Cover etwas anderes vermuten lässt - kein Erotikroman. Es gibt zwar erotische Szenen, die sind aber sehr knapp gehalten, was mir wiederum gut gefällt. Weniger Gefallen finde ich an den fehlenden Emotionen, denn echte Gefühle habe ich in diesem Roman vergeblich gesucht. Stattdessen war ich überrascht, wie leichtfertig sich Eleonora auf die beiden Männer einlässt und wie gleichgültig es ihr ist, dass diese eigentlich in festen Händen sind und wie lange sie mit ihnen beiden gleichzeitig spielt. Oder spielen die Männer mit ihr? Dazu empfand ich Eleonora als furchtbar weinerlich und nachtragend. Ständig jammert sie, dass Corine ihr damals als Kind die Mutter ausgesponnen hat, dass Corinne immer alles bekommen hat, dass sie immer im Schatten von Corinne stand. Zurückgekommen zu Corinne ist sie, weil sie keinen Stolz hat, das merkt man auch in den erotischen Szenen. Sie sagt selbst, dass sie sich wehren und nicht demütigen lassen will, aber das Verlangen ist dann doch stärker als ihre Würde. Sagt alles über diese Figur, oder? 

Die anderen Figuren bleiben leider sehr blass und genaus unnahbar wie Eleonora. Seien es nun die Brüder Alessandro und Emanuele, die meiner Meinung nach sehr austauschbar sind (nicht untereinander, aber mit anderen Figuren dieses Genres), Corinne oder die beiden Geliebten / Ex-Freundinnen / Groupies Jane und Denise. Oder der dritte Bruder Maurizio. Zu keinem hatte ich ein Bild vor Augen, keiner ist mir ans Herz gewachsen, mit keinem habe ich mitgefiebert. 

Das Problem ist, dass Die Begehrte eigentlich alles hat, worauf ich gerade Lust hatte: eine Liebesgeschichte in der Toskana samt tollem Setting, dazu ein bisschen Drama und eine Prise Erotik. Perfekt für heiße Sommertage. Mir war auch egal, dass das Love Triangle mit zwei Brüdern auch noch das letzte Klischee bedient. Was mir letztendlich aber tatsächlich gefehlt hat, ist die Liebe. Ein Sex Triangle, ja, das haben wir hier. Aber nachvollziehbare, nachempfindbare Emotionen, die dafür sorgen, dass ich mit Eleonora leide oder mich mit ihr freue? Fehlanzeige. Es herrscht eine beständige kühle Distanz zwischen Leser und Figuren, passend zu der alles beherrschenden düsteren Atmosphäre. Wo kemmt diese beklemmende Stimmung her, was hat sie in einem italienischen Liebesroman zu suchen? Bei so einer Geschichte - meiner Meinung nach - leider fatal. Nicht mal die Dramen, die so passiert sind, haben mich berührt. Eleonora könnte auch am Ende des Buches einen beliebigen Typen X kennenlernen und ihn heiraten oder ermorden oder selbst sterben oder was auch immer, wäre mir völlig egal gewesen.

Ich finde es großartig, dass der Fokus nicht auf der Erotik liegt, was hier beschrieben wird ist genug, um die Fantasie anzuregen. Und ich finde es wunderbar, dass auf vulgäre Sprache (größtenteils) verzichtet wurde; jedenfalls kann ich den Stil guten Gewissens als nicht derb bezeichnen (dafür muss ich ihm leider den Titel "furchtbar trocken" geben). Selbst über die nervigen Namen und das klischeehafte, unsympatische Gehabe der drei ach so kaputten Hauptfiguren, die alle ein düsteres Geheimnis aus ihrer Vergangenheit mit sich herumtragen, hätte ich hinwegsehen können, wenn mich Die Begehrte denn nur gepackt hätte, wenn sie mich mitgerissen und atemlos gemacht hätte. Stattdessen habe ich mich mehr und mehr gelangweilt, hin und her geblättert und mich gefragt, wann es denn endlich spannend und emotional wird. Wann es mich denn endlich berührt. Die Antwort auf diese Frage ist leider: nie. Die Geschichte von Eleonora, Alessandro und Emanuele wird in zwei weiteren Bänden (Die Verführte und Die Geliebte) weitererzählt, für mich endet sie hier. 

(c) Books and Biscuit