Rezension

Kurzweilig erzählte Familiensaga

Fö -


von Selma Mahlknecht

Bewertet mit 4 Sternen

„Ein verheerender Brand zerstörte 1872 das Dorf Zernez im Engadin, von den 145 Häusern blieben nur 27 unversehrt…“

Die fünf Erzählungen sind fiktiv, die Figuren erfunden und doch könnte es sich so oder so ähnlich zugetragen haben. „Fö“, das Feuer, spielt immer mit hinein. Nicht unbedingt vernichtend, wie es vor 150 Jahren war, mal ist es ein Funke, dann sind es eher die Kerzen, um die sich alles rankt oder auch die Fackel und die Küche an sich, zum Schluss bleibt dann die Asche.

Mit LA LINTERNA (die Laterne) ist die erste Geschichte überschrieben, hier lerne ich Braida kennen, die Stolze wird sie genannt und sie schaut sich Fracasch aus, den Nachfahren dieser beiden begegne ich in den nächsten Kapiteln, allesamt sind sie von der Illustratorin Anja Streit liebevoll gestaltet. Das Glossar am Ende sei noch erwähnt, es ist beim Lesen hilfreich, die im Text eingestreuten rätoromanischen Begriffe sind nach Kapiteln geordnet, ich habe mich bald gut zurechtgefunden.

Selma Mahlknecht hat im Auftrag der Gemeinde Zerniz, ihrer Wahlheimat, diesen Brand und den Wiederaufbau bis in die heutige Zeit hinein thematisiert, es sollte keine exakte Chronik sein und doch daran erinnern. Es ist eine Familiensaga über mehrere Generationen geworden, die von Zweisamkeit genauso wie vom Auseinanderleben erzählt, vom Glück und vom Leid, von Schuld und unterdrückter Homosexualität. Kurz - vom Leben an sich, das nicht immer fair ist. Ein schmales Buch, das jede Generation in kurzen Episoden vorstellt, das eher Abrisse wiedergibt. Und doch ist dies genug, um sich ihr Leben vorstellen zu können, auch wenn ich mir ein wenig mehr davon gewünscht, einige tiefere Einblicke gehabt hätte, so hat mir diese Erzählung und dazu die wunderschöne Aufmachung, die als erstes ins Auge fällt, gut gefallen. Ein schmales Buch, das nachhallt.