Kurzweiliger Auftakt bringt die 50er Jahre hautnah zurück!
Bewertet mit 4 Sternen
Bei dieser Lektüre tauche ich in die Welt der 50er Jahre mit Hamburger Lokalkolorit ein und sehe, wie sich die Menschen ein neues Leben nach den Kriegsjahren aufbauen und die Leidensjahre und menschlichen Verluste hinter sich lassen wollen. Mode und Frisuren werden wieder wichtig, die aufkommende musikalische Szene spiegelt die Lebensfreude der Menschen wieder. An der Seite von Klara erlebt man die Zukunftsträume der jungen, aufgeweckten Frau, durch sie wird die gesellschaftliche Rolle der Frau und die Arbeitswelt sichtbar, die damals noch ganz klar von den Männern dominiert wurde. Klara und ihre Mutter führen nach dem Tod ihres Vaters ein karges Leben, immerhin hat Klara bei einem Fotografen als Aushilfe das Fotografieren gelernt und füllt mit dem verdienten Geld die leeren Kasse. Ihre Hoffnung liegt auf einer Stelle als Sekretärin, doch da bekommt sie eine Absage und hat im letzten Moment Glück, weil bei der Redaktion eine Fotoassistentin ausgefallen ist. Über diese Stelle lernt sie nicht nur tatkräftige und lebensfrohe Freundinnen kennen, sondern auch Heinz Hertig, der sie beruflich unterstützt und als Mensch schätzt.
Klara war mir von Beginn an sympathisch, ihre schlagfertige, unkomplizierte Art und ihr Mut Neues zu wagen, machen sie zu einer fesselnden Romanfigur, der man gerne folgt. Und gemeinsam mit ihren Freundinnen Elke, Rena und Vicki bietet sich viel unterhaltsames Potential, denn die Frauen halten zusammen.
Bei der Arbeit in der Fotoredaktion muss sich Klara mit den Anfeindungen und Intrigen ihrer Kollegen herumschlagen, Frauen wurden damals einfach als minderwertige Arbeitskraft angesehen oder als schmückendes Beiwerk. In der Handlung wird realistisch gezeigt, wie Sekretärinnen einfach mal so gegen eine jüngere Frau ausgetauscht wurden. Anna Jessen lässt die 50er Jahre bildhaft wieder auferstehen, beschreibt die finanziellen Engpässe, die Veränderungen in der Mode und baut die musikalische Entwicklung der Schlagerwelt und des Rock mit ein. Sie zeigt aber auch wie Homosexuelle damals geächtet durchs Leben gingen.
Der authentische, flüssige und flotte Erzählstil von Anna Jessen hat mich locker durch die Geschichte gelotst und lieft wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Manche Szenen waren vielleicht etwas zu nebensächlich, gehören aber inhaltlich auch zum großen Ganzen dazu. Eine kleine Unstimmigkeit hat mich verunsichert, mal wurde ein Bruder Klaras erwähnt, dann wieder eine Schwester. Das sollte man noch abändern, ansonsten fühlte ich mich gut unterhalten.
Der Romanauftakt der Traumfrauen ist ein unterhaltsames Lesevergnügen, das mir kurzweilige Lesestunden beschert hat und die 50er Jahre wieder aufleben lässt. Auf den Folgeband bin ich schon sehr gespannt!