Rezension

Leben ist Eins und Tod ist Null

Mauersegler - Christoph Poschenrieder

Mauersegler
von Christoph Poschenrieder

Altwerden ist nichts für Feiglinge, so sind die Lebenserinnerungen eines bekannten deutsche Schauspielers betitelt – und er hat recht. Diese Erfahrung teilen auch fünf ältere Männer, die deshalb beschließen, den letzten Lebensabschnitt gemeinsam zu begehen, bis zum bitteren Ende. Sie kennen sich gut, sind Freunde seit Kindertagen und haben so manches erlebt. Das schweißt zusammen. Aus den Augen haben sie sich nie verloren, mögen ihre Lebenswege auch noch so unterschiedlich verlaufen sein. Nicht zuletzt, weil sie sich die Schuld an dem Unfall geben, bei dem ihr Freund„ der kleine Martin“ auf tragische Weise ums Leben kam. Und damals waren sie noch Kinder.

Nun also verbringen sie die letzte Zeit ihres Daseins miteinander, und jeder von ihnen hat seine Eigenheiten: Wilhelm, der Jurist, der mittlerweile im Rollstuhl sitzt. Heinrich, der Food Designer, der jahrzehntelang seinen Mitmenschen den größten Dreck als Nahrungsmittel verkauft und nun die Seiten gewechselt hat. Siegfried, Dramaturg und Ladykiller, zieht nun ehrenamtlich die Fäden an der Provinzbühne. Ernst, Software-Entwickler mit einem beträchtlichen Vermögen und Eigentümer der Villa am See. Und Carl, Philosoph und Journalist, ehemaliger Chefredakteur eines wenig erfolgreichen Magazins, durch dessen Augen wir das Zusammenleben dieser Seniorentruppe betrachten.

Im Großen und Ganzen ist das Zusammenleben der Freunde stressfrei, zumindest solange alle gesund sind. Als aber allmählich die ersten Zipperlein auftreten und Wilhelm durch die Amputation seines Raucherbeines Betreuung fast rund um die Uhr benötigt, rückt das Thema Pflegebedürftigkeit und selbstbestimmter Tod in ihren Fokus. Ernst, der Software-Entwickler, hat die Idee. Er programmiert den „Todesengel“, ein entsprechendes Programm, mit dem jeder selbst bestimmen kann, wer ihm auf der letzten Etappe des Weges unterstützend zur Seite stehen soll. Zusätzlich stellen die Senioren Katarina, eine kirgisische Pflegekraft, ein, die ihnen im Alltag helfend unter die Arme greifen soll. Und plötzlich ist wieder Leben im Haus, denn Katarina hat so eine Idee…

Es ist wunderbar und selten in der Literatur zu finden, wie leicht Poschenrieder mit diesem ernsten Thema umgeht, das unsere Gesellschaft die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird. Gelungene Charakterisierungen mit ironischen Untertönen, jeder Menge Situationskomik, alltagsphilosophischen Einsprengseln sowie einer Prise Melancholie machen aus diesem Roman ein absolutes Lesehighlight.