Rezension

LECKER

Der besondere Geschmack - Thomas Zirnbauer

Der besondere Geschmack
von

Bewertet mit 4 Sternen

Den Augenblick genießen. Den besonderen Geschmack auskosten. Allein oder in Gesellschaft. An einer reich gedeckten Tafel oder bei einem einfachen Mahl. Fast jeder kennt diese kulinarischen Glücksmomente, aber es sind gerade die Schriftsteller, die den flüchtigen Wonnen mit ihren Worten Dauer verleihen. Anregende und heitere Gourmet- Erlebnisse servieren in diesem Lesebuch unter anderem Wilhelm Busch, Alexandre Dumas, Mascha Kaléko, Siegfried Lenz, Charles Dickens, Heinrich Heine, Muriel Barbery, Günter Grass, Konstantin Wecker und Robert Walser.

„Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt“. Forrest Gumps Spruch ließe sich auch auf Anthologien anwenden; bei denen weiß man auch nie genau, was man bekommt.

Mit diesem Buch bekommt man eine wohlschmeckende Mischung – im übertragenen und im wörtlichen Sinn, daher aus eigener schlechter Erfahrung die Warnung: Nicht auf nüchternen Magen zu lesen. Oder: Nur in erreichbarer Nähe zu einem Kühlschrank zu lesen.

Süß oder herzhaft, gesund oder fett – für jeden findet sich etwas auf der „literarischen Speisekarte“. In einigen besonders gelungenen Beiträgen steigt der Duft des Beschriebenen aus den Zeilen zum Leser auf.

Die Autoren besingen Obst, preisen Omelett, Pfannkuchen, Wurst und Kaffee, sie schildern mehrgängige Menüs und exquisite Speisefolgen, schauen bei Hausfrau, Berufskoch und Chocolatier über die Schultern, fassen Rezepte in Reime und überlassen ihre Protagonisten hemmungslos der Völlerei.

Doch nicht nur die leibliche Begierde wird geweckt: Man lernt den einen oder anderen unbekannten Autor kennen und trachtet nach weiterer Literatur aus seiner Feder.

Das Buch bietet jedoch auch die Möglichkeit, seinen Hunger zu besänftigen ohne den Kühlschrank zu räubern: Als Zeuge eines Mahles, bei dem einer der Gäste die Platten putzt, seinen Teller randvoll belädt und sich an jedem Gang zwei-, dreimal bedient. Das Ganze in den Mund schaufelt, nach Nachschub verlangt, nur einen Löffel benutzt, weil eine Gabel zu wenig aufnimmt.

Andere Gastmähler rücken das wohlfeile Gespräch in den Vordergrund. Und weil man mit vollem Mund nicht reden sollte – zumindest in vergangenen Zeiten in guter Gesellschaft nicht – sind die Speisen eher Nebensache.

Eine Anthologie, die Vergnügliches und Ernstes rund um die schönste und leckerste Hauptsache des Lebens bietet.