Rezension

Lesenswert

Bittere Wunden - Karin Slaughter

Bittere Wunden
von Karin Slaughter

Karin Slaughter ist eine meiner Lieblings-Krimiautorinnen, weil es ihr gelingt, nicht nur einen spannenden Fall zu konstruieren, sondern auch die Protagonisten lebendig zu schildern. Ich finde es faszinierend, wie sich die Ermittler und ihre Beziehung zueinander weiter entwickeln. Dieses Buch taucht tief in die Vergangenheit ein und macht dadurch die merkwürdige Verbindung zwischen Will Trent und Amanda Wagner verständlich.

Das Buch beschreibt zwei Zeitebenen: In der Gegenwart ist eine Studentin verschwunden. Obwohl alle Kräfte für die Ermittlungen aufgeboten werden, schließt Amanda einen aus: Will Trent soll nicht dabei sein. Denn er ist auf eine ganz besondere Art in den Fall verwickelt, ohne dass er es weiß. Die Polizisten sind sich sicher, wer der Entführer ist, sie wissen, wo er sich aufhält, doch trotz genauer Überwachung findet sich keine Spur. Parallel dazu wird ein Fall aus den 70er Jahren aufgerollt: Amanda und ihre Freundin Evelyn sind neu bei der Polizei, und als Frauen haben sie es schwer. Bestenfalls werden sie von den Männern beschützt, doch meist werden sie lächerlich gemacht und mit sexuellen Anzüglichkeiten bedacht. Sie erfahren, dass mehrere Prostituierte verschwunden sind, doch die Männer nehmen das nicht ernst. Die beiden Frauen nehmen die Ermittlungen auf...

Dieser Teil beschreibt anschaulich, wie schwierig es damals für Frauen war, als gleichberechtigt angesehen zu werden. Auch die Rechtslage erlaubte Frauen zum Beispiel die Aufnahme eines Kredits nur bei Zustimmung des Vaters bzw. des Ehemannes. Und in einem so hierarchisch aufgebauten Apparat wie der Polizei war eine Frau nicht ernst zu nehmen. Wenn am Schluss des Buches die Kollegen sie nicht mehr als Ladies, sondern als Polizistinnen bezeichnen, haben sie sich diesen Respekt schwer verdient. Amanda Wagner, die der Leser aus den vorhergehenden Büchern als beinharte Vorgesetzte kennt, hat einen weiten Weg zurückgelegt.

Für Slaughter-Fans sehr empfehlenswert. Zwar kann das Buch auch für sich allein gelesen werden, doch macht es mehr Sinn, es als Teil einer Reihe zu begreifen und im Zusammenhang zu sehen.