Rezension

Lesenswert und interessant

Die Möglichkeit von Glück -

Die Möglichkeit von Glück
von Anne Rabe

Die Protagonistin Stine wird 1986 in einem kleinen Ort an der Ostsee in der DDR geboren. Ihre Eltern und Großeltern sind überzeugte Sozialisten. Stine wächst im wiedervereinigten Deutschland auf, doch die sozialistische Ideologie ist noch vielerorts spürbar. Stines Lebensgeschichte hat mich sehr bewegt, insbesondere ihre harte und von Gewalt geprägte Kindheit. Die "Erziehungsmethoden" ihrer Mutter waren schockierend und umso befremdlicher, da sie Erzieherin in einem Kinderheim war.

Als Stines Großvater Paul stirbt, der nie viel aus seinem Leben erzählt hat, macht sie sich über das Bundesarchiv und andere Stellen auf Spurensuche. Stine möchte mehr über ihre Familie wissen, ihre Großeltern und Eltern, die nie über Vergangenes gesprochen haben, verstehen und darüber letzlich auch zu sich selbst finden. Die Jugend der Großeltern im Dritten Reich, ihre Kriegserlebnisse und das Schweigen darüber, der Aufbau der DDR und der Glaube an ein besseres Deutschland wirken bis in Stines Generation hinein. Hinzu kommen die Unsicherheiten der Nachwendezeit. Stines Gedanken hierzu und ihre innere Zerrissenheit sind sehr eindrücklich beschrieben und ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen.

Die Autorin springt häufig zwischen verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen her, war den Lesefluss leider etwas behindert. Allerdings spiegelt dieses Hin und Her Stines Gedankenwelt sehr gut wider.

Aufgrund der detaillierten Schilderungen von Stines Recherche zu Opa Paul in diversen Archiven und der Ich-Perspektive liest sich der Roman wie eine Autobiographie, ist aber fiktiv. Es wäre in einem Nachwort interessant gewesen zu erfahren, ob hier reale Biographien zugrunde lagen.

Fazit: Ein lesenswerter und bewegender Roman!