Rezension

Lesetipps, die zur Übersättigung führen können

Lesehunger
von Hanns-Josef Ortheil

Bewertet mit 2.5 Sternen

Wer Hunger hat, muss aufpassen, nicht über alles herzufallen und wahllos Nahrhaftes in sich hineinzustopfen. Je größer das Angebot, desto größer die Gefahr. Es kann zu Überdruß, Magenverstimmung und Gewichtszunahme führen.

Das Gefühl der Übersättigung und des Zuviel hatte ich schon im ersten Kapitel. Dabei klangen die Überschriften durchaus verlockend; sie sind durch eine Rahmenhandlung verbunden: eine fiktive Besucherin interviewt den Literaturprofessor Ortheil an zwei Tagen bei sich zu Hause und lernt sein Hanggrundstück mit Blick und etlichen Nebenhäuschen, Sitzplätzen und Bibliotheken kennen. Beide Male kocht er seiner Besucherin ein einfaches, aber schmackhaftes Essen.

Seinen Lesern serviert er ein Büchermenü. So lautet z.B. ein Kapitel 'Champagner-Lektüren' oder ein anderes 'Tee-Lektüren im Weinberghäuschen'. Manche Kapitel erschienen mir etwas zusammengewürfelt, wenn er z.B. über seine Reiselektüre schreibt, die er sich kurz vorher ziemlich wahllos in der Bahnhofsbuchhandlung zusammenkauft oder über Garten- oder Kochbücher. Da hatte ich manchmal den Eindruck, er habe sie nicht gelesen.

Das sollte sich im weiteren Verlauf als durchaus möglich herausstellen. Ortheil bekommt Hunderte von Büchern zugesandt, kostenlose Rezensionsexemplare, die er nur anliest, darin herumblättert und diese oder jene Stelle liest. Und so habe ich es ab dem 4. Kapitel auch gemacht ;-)

Im Großen und Ganzen hat es mich gelangweilt, z.B. wenn er sein Faible für Hemingway beschreibt, dem ich leider gar nichts abgewinnen kann. Weiter gelesen habe ich dennoch, denn zwischendurch gab es immer wieder Passagen mit Gedanken, die ich mir hätte notieren können, so wie es Ortheil selbst schon sein Leben lang macht.

"Lesen ist die Zuführung einer bestimmten Speise, und diese Speise ist nicht nur geistiger Art ..., sondern immer auch etwas Sinnliches."