Rezension

Liebgewonnen...

Flavia de Luce 04. Vorhang auf für eine Leiche - Alan Bradley

Flavia de Luce - Vorhang auf für eine Leiche
von Alan Bradley

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein filmreifer Mordfall - der 4. für Flavia! Dreharbeiten auf dem Familiensitz der de Luces. Doch dann wird eine Leiche wird gefunden - erdrosselt mit einem Filmstreifen. Der Hobbydetektivin Flavia ist klar: Der Täter muss sich unter den Gästen befinden.

Im vierten Band um Flavia kann Colonel de Luce dem drohenden Bankrott gerade noch entgegenwirken, indem er Buckshaw gegen ein hübsches Sümmchen über die Weihnachtstage an eine Filmcrew vermietet. Die berühmte Schauspielerin Phyllis Wyvern soll die Hauptrolle in dem geplanten Film spielen.
Dies spricht sich schnell in Bishop´s Lacey herum, und der Pfarrer organisiert zugunsten der Renovierung des Kirchendachs eine außerordentliche Vorstellung mit der Berühmtheit: auf Buckshaw wird eine Szene aus Romeo und Julia dargeboten. Der Abend, der mit einer unvergesslichen Darbietung beginnt, endet schließlich unerwartet. Ein heftiger Schneesturm macht die Straßen unpassierbar, so dass das halbe Dorf unplanmäßig auf Buckshaw übernachten muss.

Ausgerechnet da geschieht ein Mord. Einer der Anwesenden muss der Mörder sein - und gleich erwacht Flavias Spürnase wieder zum Leben! Wie in den Fällen davor, nimmt Flavia auch diesmal wieder die Verdächtigen auf ganz eigene Weise unter die Lupe.
Eigentlich eine klassische Agatha Christie Konstellation - ein geschlossener Kreis an Verdächtigen, die Suche nach Indizien, alle sind an einen Ort gefesselt. Flavia hat die Möglichkeit, auf ihre Art zu brillieren...

Eigentlich. In Wirklichkeit jedoch wirken die Versuche Flavias, den Mord aufzuklären, zeitweise nebensächlich, v.a. auch, weil Flavias Begeisterung für die Suche nach dem Mörder in diesem Band verhältnismäßig gering ausgeprägt ist. Es gibt zu viele andere Dinge, mit denen sie sich zusätzlich befassen muss, wie z.B. mit dem amüsanten Versuch einer Weihnachtsmannfalle oder der Gestaltung eines unvergesslichen Feuerwerks.
Aber auch wenn diesmal nicht die ausgeklügelte Aufklärung eines Mordes im Vordergrund steht, war das Buch für mich ein wirkliches Lesevergnügen. Inzwischen schon mit den Figuren der Geschichten aus den 50er Jahren vertraut, lernt man diese nun noch um einiges intensiver kennen.

Da ist vor allem Flavia, die clevere 12Jährige, die meist als Einzelgängerin durch das Anwesen stromert und in ihrem Labor vor sich hin tüftelt. Ich mag einfach ihre etwas schrullige, bisweilen recht bissige Art, ihr oft schwarzer Humor bringt mich zum Schmunzeln und ihre Sensibilität, die unter dieser dicken, vielleicht manchmal sogar etwas unsympathisch wirkenden Schicht verborgen ist, rührt mich.
In diesem Band treffen aber alle bisher bekannten Charaktere zusammen, und es werden einige bislang verborgene Seiten auch dieser Personen offenbart und wohlgehütete Geheimnisse gelüftet. Manche Figuren habe ich richtig liebgewonnen, so z.B. Dogger, die gute Seele des Hauses...

Aufgrund des Ambientes und der wettermäßigen Bedingungen ein ideales Buch für kalte Tage.
Eine Empfehlung für all jene, die keine kriminalistischen Glanzleistungen erwarten, aber durchaus Gefallen an einer dichten und schrullig angehauchten Atmosphäre finden!