Rezension

Liv

Liv - Kevin Kuhn

Liv
von Kevin Kuhn

Bewertet mit 3 Sternen

Der junge Franz streift mit seiner Clique durch das überbordende Berlin der 1920er Jahre und ist hin- und hergerissen zwischen den ungeahnten Möglichkeiten und den Gefahren einer Stadt im Rausch. Liv reist wie viele junge Israeli durch die Welt. Sie hat ihren Militärdienst allerdings nicht bereits absolviert, sondern flieht vor ihm – und einem unerträglichen Gefühl der Enge – ins Ausland. Während ihrer Reise erobert sie einen neuen Kontinent: Sie wird zu einer Social-Media-Ikone, deren Posts viele Tausende lesen. Zwischen Liv und Franz liegen beinahe 100 Jahre, aber sie gehen wie Geschwister durch dieselbe Welt. Beide suchen nach einer Perspektive abseits der Euphorie ihrer Epochen, nach Autarkie in der Masse.

Wie bereits der Klappentext andeutet, ist das Buch in zwei Erzählstränge geteilt. Der Schreibstil unterscheidet sich in diesen Strängen nur wenig voneinander, er ist insgesamt recht flüssig zu lesen.
Die zwei Hauptcharaktere konnte ich nicht ganz fassen – Franz dabei schon noch eher als Liv. Beide blieben mir die gesamte Länge des Buches über fremd und nicht greifbar. Die Handlung strotzt nur so vor detaillierter Beschreibungen der Erlebnisse und bleibt dennoch seltsam unnahbar. Eine komische Mischung, die für mich sehr unangenehm zu lesen war.
Livs Leben ist in meinen Augen von einer unendlich großen Naivität geprägt und einer Resistenz gegenüber dem Lernen aus Fehlern. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich als Charakter nur wenig entwickelt, sich eher treiben lässt und dabei kein bisschen über die Konsequenzen ihrer Handlungen nachdenkt. Sie wirkte auf mich sehr unreif und ich konnte mich (bis auf die Affinität zum Smartphone) nicht mit ihr identifizieren.
Franz‘ Leben ist ähnlich kurios, auch er lässt sich treiben. Seinen Erzählstrang konnte ich jedoch mehr greifen. Doch auch hier blieb die Greifbarkeit für mich im Hintergrund, die Geschehnisse wirkten durchaus abstrakt. Es gibt durchaus parallelen im Leben der zwei, die Quintessenz ist ähnlich. Dennoch wurde mir dies erst nach dem Lesen klar – während des Lesens war ich vorrangig verwirrt. 
Für dieses Buch braucht es definitiv Zeit und Ruhe, um die Botschaft zu verstehen. Insgesamt schwirren mir immer noch viele Fragen im Kopf herum…