Rezension

Lizzy Carbon hat sich verändert ...

Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe - Band 2 - Mario Fesler

Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe - Band 2
von Mario Fesler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Es geschieht sehr selten, dass man in einer Geschichte eine literarische Figur findet, bei der man das Gefühl hat, sie schon ewig zu kennen. An eine Protagonistin, mit der es mir so ergangen ist, erinnere ich mich noch sehr gut: Lizzy Carbon! Außenseiterin und hormongesteuerte Teenagerin mit zotteligen Haaren. Meisterin des Sarkasmus, Expertin für Fettnäpfchen jeder Art und unüberlegtes Aussprechen von Gedanken, die man lieber für sich behalten hätte. Herrje - Lizzy und ich ähneln uns auf unheimliche Weise, nur dass ich ihr im Alter weit voraus bin. 

Lizzy lernte ich in dem großartigen Debütroman „Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer“  von Mario Fesler kennen und lieben. Die Chaosqueen mit dem Herz aus Gold und der Spinne auf der Zunge hat mich vor allem mit ihrem Humor, ihrer Begeisterungsfähigkeit und ihrem wahren Interesse für Menschen restlos für sich eingenommen. Aus diesem Grunde war ich völlig aus dem Häuschen, als ich von einem weiteren Band über Lizzys Leben erfuhr.

Mit „Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe“ ist nun ein zweiter Band erschienen, in dem es um das Thema Liebe gehen. Vorab hatte ich keinerlei Befürchtungen, dass dieses Thema zu schwülstig und zu seicht behandelt werden könnte. Mario Fesler hat in seinem Debüt deutlich gezeigt, dass er das Potenzial eines Themas völlig ausschöpfen kann und Männer haben ja bekanntermaßen eine etwas nüchternere Betrachtungsweise als wir Frauen. Aus demselben Grund war ich sehr gespannt, wie Mario Fesler Lizzys Gefühlwelt zu Papier bringt. In dieser Geschichte geht es jedoch nicht nur um Lizzys erste Verliebtheit, sondern man könnte die Liebe als eine große Überschrift sehen. Es gibt verschiedene gute und schlechte Beziehungen, die hier von dem Autor beleuchtet werden. Jede literarische Figur liebt eine andere, oder eben nicht. Zum Teil gibt es große Krisen zu bewältigen, wie bei Lizzys Eltern, die sich anscheinend überhaupt nicht mehr verstehen. Und jeder reagiert in Krisen anders und irgendwann muss Lizzy feststellen, dass die Wunder der Liebe ganz schön anstrengend sind.

Im gewohnt sarkastischen Stil berichtet Lizzy ihren Lesern - zum Teil in Tagebuchform -, was in der Welt um sie herum alles passiert und was sie selbst bewegt. Neben den allgegenwärtigen und urkomischen Absurditäten gibt es die noch so fremden Gefühle des ersten Verliebtseins, die Lizzy in vollen Zügen genießt. Aber auch viele Sorgen und große Angst um die eigene Familie. Und irgendetwas hat all dies mit Lizzy gemacht. Ich habe sie teilweise nicht wiedererkannt. Sie ist reifer und etwas besonnener geworden (ihre Haare scheinen auch kein Problem mehr darzustellen), was ich wirklich schade finde, auch wenn Entwicklungen wichtig sind und dem Lauf der Dinge entsprechen. Ich wollte mich aber noch nicht von diesem rebellischen Mädchen mit dem rabenschwarzen Humor verabschieden. Zum Glück gab es noch genügend Passagen, in denen ich dieses Mädchen wiedergefunden habe. Sehr positiv fand ich, dass im Laufe der Handlung die Gefühle von Lizzy nicht überspitzt dargestellt wurden, genau wie ihre erste Liebesgeschichte. So kommt es bei den jüngeren Lesern auch nicht zu falschen Vorstellungen oder zu übertrieben hohen Erwartungen. Die Liebe läuft eben nicht immer wie in einem hollywoodreifen Film ab.

Ein abschreckendes Beispiel waren für mich Lizzys Eltern. Nicht im Bezug auf ihre Probleme, sondern eher wie sie damit umgingen. Die eigenen Probleme in Alkohol zu ertränken oder gar vor ihnen wegzulaufen ist eine Sache. Die eigenen Kinder aber völlig überfordert zurückzulassen etwas anderes. Hier hätte ich mir klarere Botschaften von Mario Fesler gewünscht. Aber irgendwie hatte ich fast im gesamten Buch das Gefühl, dass alles etwas oberflächlicher und sprunghafter, als im ersten Band abgehandelt wurde.

Auch wenn „Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe“ für meinen Geschmack vom Niveau nicht ganz an seinen Vorgänger herankommt, bleibt Lizzy Carbon meine ungeschlagene Lieblingsprotagonistin. Sie vertreibt manch finsteren Gedanken mit ihrem wunderbaren Humor und gibt dem Leser die Hoffnung und die Gewissheit, dass sich auch nach zahlreichen Katastrophen die Erde einfach weiterdreht …

 

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