Rezension

Märchenhaft und wunderschön!

Der verbotene Kuss - Laini Taylor

Der verbotene Kuss
von Laini Taylor

Bewertet mit 5 Sternen

Erster Satz:
There is a certain kind of girl the goblins crave.

Eye-Candy:
Ich liebe Illustrationen, also gezeichnete Illustrationen und ich liebe schöngezeichnete Illustrationen, ganz besonders, wenn das Cover eine schöngezeichnete Illustration aufweist! Muss ich mehr dazu sagen? Wahrscheinlich nicht, aber ich tue es dennoch, denn ich muss über dieses wunderschöne Cover schwärmen. Ich muss. Ich muss. Ich muss.
Aber zu den Illustrationen von Jim DiBartolo später mehr, denn ich will euch nicht nerven.

Inhalt:
In diesem Buch gibt es drei Kurzgeschichten. In jeder Kurzgeschichte geht es um mindestens einen Kuss und um mindestens einen Fluch, bzw. irgendetwas Übernatürliches.

Kurz zu den einzelnen Kurzgeschichten:

Die erste Kurzgeschichte, Goblin Fruit:
Es geht um Kizzy, deren Familie milde gesagt anders ist. Sie stammen noch von der alten Welt ab und haben sehr abergläubische Bräuche, die sie exzessiv ausleben. Dazu gehören Bestattungen mit Schwanenflügel und einem scharfen Messer, so wie eine Reihe anderer kuriose Dinge. Kizzy schämt sich für ihre Familie, die so gar nicht in das typische Familienbild passt, welches sie sich vorstellt. Viel lieber würde sie sich nicht von ihren Schulkameraden so sonderbar abzeichnen. Sie möchte beliebt, schön, klug und vieles mehr sein. Sie möchte den heißesten und tollsten Freund haben. Kizzy wünscht sich so viel, dass ihre Seele "wie eine reife Frucht" die Goblins anlockt … Diese Goblins müssen nicht hässlich und merkwürdig sein, nein, sie können sich nach Kizzys Wünschen richten und so ihre Seele bekommen …

Die zweite Kurzgeschichte, Spicy little Curses:
In dieser Geschichte gibt es eine "Old Bitch", eine ältere Engländerin im kolonialen Indien. Jeder fürchtet sich vor der alten Frau, denn sie wandelt zwischen der Hölle und dem Diesseits hin und her. Was viele nicht wissen: Die Frau rettet die Seelen von Kindern und Unschuldigen und tauscht diese im Gegenzug gegen die Seelen von bösen Menschen aus (Sklavenherren, Mörder usw.). Eines Tages legt sie sich mit dem indischen Teufel an und muss um sehr viele Seelen zu retten, die eines jungen Mädchens opfern. "Old Bitch" wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht ein Schlupfloch aus diesem "würzigen, kleinen Fluch" gefunden hätte. Als das Mädchen heranwächst und sich verliebt, stellt sich heraus, dass weder der Teufel, noch die "Old Bitch" alle Variablen in dieser Gleichung eingerechnet haben …

Die dritte Kurzgeschichte, Hatchling (dt. Küken; Schlüpfling; ein gerade geschlüpftes Etwas):
Das ist die längste der Kurzgeschichten. Es geht um eine Art Gestaltwandlungs/Werwolfmythos, sehr vereinfacht gesagt. Ein Mädchen ist ständig auf der Flucht mit ihrer Mutter, wegen wem sie flüchten, das weiß sie so recht nicht. Eines nachts wird sie vom Heulen von Wölfen wach und als sie in den Spiegelschaut, hast sich eines ihrer Augen verändert. Statt dem braunen Auge hat sie nun ein eisblaues. Verängstigt wendet sie sich an ihre Mutter, doch die reagiert ganz und gar nicht wie erhofft. Stattdessen greift sie ihre Tochter an, da die Tochter anscheinend "bessesen" ist. Als auch noch ein Rudel Wölfe auftaucht, müssen Mutter und Tochter sich einem geheimnisvollen Fremden anvertrauen. Obwohl dieser Fremde nicht wirklich fremd ist …

Meine Meinung:
Es ist kein Geheimnis, dass ich Laini Taylor vergöttere. Mann, die Frau kann einfach schreiben. Leugen ist zwecklos, jeder der etwas anderes behauptet, den kann und will ich nicht verstehen.
Bin ich zu radikal? Bin ich zu fixiert, sodass ich die Meinung anderer nicht wertschätzen kann, wie ich es eigentlich sollte? Möglich. Interessiert mich das? Nope. Und warum? Ich verrate es euch: Ich verstehe die Kritik, die Daughter of Smoke and Bone (oder auch alle Laini Taylor - Bücher) als nichts Neues abstempelt. Sehen wir der Tatsache in die Auge, dass Engel und Dämonen / Chimären whatever Liebesgeschichten nichts Neues ist. Ist so. Mysteriöser Typ, witzige BF, Kick-Ass-Heldin. Gab es oft, gibt es oft und wird es (hoffentlich) oft geben. ABER Laini Taylor hat die Gabe, dass sie Altbekanntes neu aufwickelt. Sie setzt die bekannten Bausteine so zusammen, dass etwas Anderes daraus entsteht. Sie schreibt herzzerreißend schön. Jeder ihrer Sätze ist Poesie, dabei verwendet sie keine klischeehaftigen-schmalzigen-0815 Metaphern. Und dabei macht sie nicht einen auf einige bekannte Autoren, die Seitenweise schwafeln (wenn auch in hübschen Sätzen), ohne dass etwas wirklich passiert. Die Handlung stockt nicht und ihre Handlung hat Tiefe, was sie auch mit diesen Kurzgeschichten erneut beweist.
Lange Vorrede, aber das musste ich mir aus der Seele schreiben, denn das sollte man wissen, wenn man Lips Touch liest.

Jede Handlung mag einem bekannt vorkommen, gerade wenn man viel märchenhafte Bücher liest, so wie ich. Aber diese minimale Ähnlichkeit wird einem erst ganz viel später bewusst oder es macht einem nichts aus, denn die Ähnlichkeit ist eben minimal.
Die Handlung ist spannend. Es handelt sich hierbei nicht um eine atemraubende Spannung, sie ist zwar konstant, aber im Vorgerdrund steht sie nicht.

Mit den Charakteren hat die Autorin sich selbst übertroffen. Obwohl in den meisten Kurzgeschichten die Charaktere flach und vorhersehbar bleiben, ist das hier nicht der Fall. Ich würde so gerne die "richtige" Geschichte der Charaktere lesen. Am liebsten wären mir einzelne Bücher, so mit 400 Seiten plus Luft nach oben. Keine Trilogie oder Reihen, ein Einzelband pro Geschichte würde mir reichen.

Die Antagonisten sind erste Sahne. Es gibt einen Grund weshalb sie so handeln wie sie es tun. Sie sind nicht "nur" böse und der eine oder andere mag für Überraschungen gut sein.

Was die Anordung der einzelnen Kurzgeschichten angeht, sie passt wie die Faust auf's Auge. Gerade im Nachhinein, wenn man das Gelesene Revue passieren lässt, fällt einem der Sinn auf, warum diese Geschichten so angeordnet sind. Sehr interessant, wie das Buch einen auch nach dem Lesen noch beschäftigt.

Zur Schreibweise sage ich nichts mehr, wozu auch? Sie schreibt toll, lest es, akzeptiert es, liebt es.

In der Kürze liegt die Würze:
Spannend, ohne mit Action überladen zu sein; interessante Charaktere, keine schwar-weiß-Malerei; subtiler Witz; wunderschöne Illustrationen, die die Handlung perfekt ergänzen; eine unverwechselbare Schreibweise.

Bewertung:
Ich habe einen Tick mit dem Ende von Büchern. Ich finde, dass das Ende sehr wichtig und ausschlaggebend ist, ob das Buch nun gut oder schlecht ankommt. Von Laini Taylor, einer meiner Lieblingsautorinnen erwarte ich, dass ich am Ende des Buches eine Gänsehaut habe. Es muss einfach so sein oder ich bin enttäuscht.
Nach der ersten Kurzgeschichte hatte ich Gänsehaut. Und ich dann nur so "Oh Gott, es kann ab jetzt nicht mehr besser werden." Wurde es.
Am Ende der dritten Geschichte, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl. Ich war ergriffen, aber nicht nach dem Motto "Jawoll tolles Buch!", warum? Weil ich wusste, dass auf der letzten Seite noch ein Bild kommt. Also blättere ich weiter und BÄM Gänsehaut-Feeling-Shower. Anders kann ich das nicht beschreiben. Wenn das Geschriebene und Gezeichnete so perfekt harmonisiert wie eure beiden Lieblingsnascherreien, dann hat das Buch mega-viele Herzchen verdient.
❤❤❤❤❤