Rezension

Mal ein etwas anderer Noll!

Gruß aus der Küche -

Gruß aus der Küche
von Ingrid Noll

Bewertet mit 4 Sternen

"Gruß aus der Küche" heißt der neue Roman von Ingrid Noll aus dem Diogenes Verlag.

 

Die 40-jährige Vegetarierin Irma führt das Gasthaus „Aubergine“, dort beschäftigt sie ein Trüppchen unterschiedlicher Mitarbeiter, allen voran Josch, ewiger Student und Frauenschwarm, der bei Irma kellnert und dem sie sehr zugetan ist. Dazu kommen noch ihre Schulfreundin und Küchenhilfe Nicole, als Klatschbase bekannt, die 17-jährige Schulverweigerin Lucy als Mädchen für alles, sowie den 80-jährigen ziemlich tauben Pensionär Dr. Vinzent Soloth, der das Gemüse schnippelt und deshalb der "Gemüsemann" genannt wird. Die Zusammenarbeit im Gasthof klappt gut, aber dann bringen ein falscher Brief und eifersüchtige Verdächtigungen eine stürmische Unruhe in die Gemeinschaft, die für Schwung im Geschehen sorgt. 

Ingrid Nolls Bücher schätze ich wegen ihrer treffenden Bescheibung der Charaktere und ihres schwarzen Humors, sowie ihrer subtilen Art und Weise, unliebsame Männer aus dem Weg zu schaffen. Auch hier hat sie wieder einen Spannungsroman geschreiben, bei dem es aber keine Todesfälle am laufenden Band gibt. Hier liegt der Fokus eher auf den verschiedenen Personen, ihrem Handeln und ihren Vermutungen und Hoffnungen. Person um Person kommt zu Wort, durch diesen Perspektivwechsel entwickelt sich die Handlung allmählich zu einer spannenden Angelegenheit.   

Alle Charaktere haben ihre Ecken und Kanten, die man nach und nach kennenlernt und die für unterschwellige Differenzen sorgen. Ich habe mich gefragt, worauf dieser Roman hinauslaufen wird und konnte mir kein Bild davon machen. Die Handlung hat mir gut gefallen, sie ist schlüssig, unterhaltsam und interessant. Dabei treibt Ingrid Noll die Entwicklung ihrer Figuren immer weiter auf die Spitze und lässt uns an ihrem turbulenten Mit- oder Gegeneinander teilhaben. Die Gefühlswelt steht teilweise Kopf, es gibt Eifersucht, Liebe, Sex, Einsamkeit oder auch einfach nur den Wunsch nach Nähe, Arbeit oder Gemeinschaft. Wie das Ganze zusammen passt, hat Ingrid Noll auf kurzweilige und erfrischende Weise vorgelegt. 

Zu den Figuren möchte ich nicht mehr verraten, man sollte sie alle lesend erleben und kann dann mit Spannung die aufkommenden Turbulenzen nachspüren. Der Erzählstil ist wie gewohnt ein Mix aus flüssiger Sprache, die mit Anglizismen und einer Jugendsprache aufgepeppt wurde. Die bunten Charaktere wird es humorvoll, tragisch, lustig, nachdenklich, bissig und ganz einfach unterhaltend. Allerdings hätte ich mir etwas mehr von der tödlichen, teuflischen und mörderischen Ingrid Noll gewünscht. Aber ein Buch ist keine Wunschkonzert, genau wie der Gruß aus der Küche! 

Dieser Gruß aus der Küche ist unterhaltsam, appetitanregend und überaus originell, aber leider nicht ganz so mörderisch, wie ich es von Ingrid Noll erwartet habe!