Rezension

Mehr als nur lesenswert

Der Gipfeldieb - Radek Knapp

Der Gipfeldieb
von Radek Knapp

Bewertet mit 4 Sternen

Ludwik Wiewurka ist der Melancholiker unter den Wiener Heizungsablesern: Als Mitarbeiter der Firma Wasserbrand & Söhne besucht er die Wohnungen der Stadt und liest dabei nicht nur die Zählerstände ab, sondern widmet sich nebenbei auch der Gemütsverfassung ihrer durchaus seltsamen Bewohner. Ludwik ist gebürtiger Pole, und der innigste Wunsch seiner Mutter ist es, dass er endlich Österreicher wird. Ein Ziel, vor dem ihn sein gesunder Menschenverstand eindringlich warnt: Denn hinter jeder Tür wartet immer die nächste. Doch gegen den Willen einer starken Frau ist Ludwik natürlich machtlos – immerhin aber ist er in der Lage, sein Schicksal in eine günstige Richtung zu lenken. Ein listiger Roman über Menschenkenner und Frauenhelden, über ausgebuffte Wiener und polnische Wunderknaben. Radek Knapp nähert sich seiner hintersinnigen Geschichte mit bestechend leichter Hand.

Da mir der Titel so gut gefallen hat, musste ich mir das Buch in der Bücherei vorbestellen. Für mich war es das erste Buch, das ich vom Autor gelesen habe. Daher kann ich keine Vergleiche zu früheren Büchern herstellen (was ja im Prinzip auch nicht schlecht ist).

Unser Protagonist, Ludwik, geborener Pole, kommt mit 12 Jahren, gegen seinen Willen, nach Wien. Zu vor lebte er jahrelang bei seinen Großeltern. Seinen Unterhalt verdient er sich als Heizungsableser. So klappert er die einzelnen Wohnungen in seinem Bezirk ab und er kann bereits an der Tür erkennen, was für Leute hinter der Tür leben. So erlebt er die skuristen Geschichten.

Um ihrem Sohn eine Freude zu machen, beantragt seine Mutter die Österreichische Staatsbürgerschaft für ihn und kurz vor seinem 35. Geburtstag ist es so weit, Ludwik wird Österreicher. Doch seine Freude währt nur kurz, wäre er nach seinem 35. Geburtstag Össterreicher geworden, wäre der Kelch des Wehrdienst an ihm vorüber gegangen aber so muss er sich zur Musterung begeben. Seine Mutter ist darüber alles andere als glücklich und macht sich die schwersten Vorwürfe, doch Ludwik versichert ihr, dass er sich Gedanken macht, damit er nicht zum Militär muss.

“Ich bin Vizekommandant Richling. In den nächsten fünf Stunden bin ich euer Vaterund ihr mein Eigentum. Gibt es einen, den das stört?”(S.57)

Ludwik hat natürlichen keine Lust, seinem neuen Land zu dienen und so muss er sich etwas einfallen, damit er sich drücken kann. Eines verrate ich, er schafft es, dass er nicht zum Militär muss und er seinen Ersatzdienst antreten kann.

Ich mochte den Protagonisten, da er einfach sagt, was er denkt und so wäre ich gerne dabei gewesen als er ein paar Mädchen folgen “Rat” mitgegeben hat:

“Sammelt euch die Schätze mit Bedacht. Niemand verdient es, auf dem Totenbett in einer H&M- Mütze zu liegen”.(S.126)

Ludwiks Sicht zu betrachten ist meistens sehr philosophisch angehaucht. Er lebt jeden Tag als wäre es sein letzter. Eine Kollegin im Altersheim gibt den Tipp die alten Menschen nicht als alt zu betrachten:

“Werden sie bloß nicht frech. Und denken Sie daran:Die Vergangenheit ist kein Fluch, sondern ein Tresor, der voller Juwelen ist[….] (S.121)

Ich habe das Buch, das in einer wunderschönen Stadt spielt, sehr gerne gelesen, da ich die einzelnen Protagonisten sehr mochte. Sie waren alle sehr unterschiedlich. Vor allem mochte ich Lebensphilosophie von Ludwik und seiner Mutter. Da mich das Buch überzeugen konnte, bekommt es vier von fünf Sternen. Es ist ein kleines, feines Buch, da mich zum Nachdenken anregen konnte.